Kapitel 105

Duna Wenyang war ein Peitschenträger, aber sein Shifu Hulugu war es nicht.

Vor mehr als zwanzig Jahren, als Hulugu gegen Qi Fengge kämpfte, hatten sie beide Schwerter benutzt. Heute jedoch trug Hulugu kein Schwert. Vielleicht hatte er beschlossen, einen neuen Weg der Kampfkunst einzuschlagen, oder er wollte keine Schwerter mehr benutzen. Nun stand er Shen Qiao gegenüber, der sein Schwert gegen den Wind erhob und der seine Robe rascheln ließ. Das Schwertqi schoss wie ein Regenbogen durch die Wolken, und wie ein Kranich, der sich in den Himmel erhebt, stürmte es direkt auf Hulugu zu. Die Menge hörte nur ein donnerndes Geräusch, das in ihren Ohren explodierte, wie das Geräusch von tausend galoppierenden Pferden oder das endlose Krachen der Wellen des grenzenlosen Meeres. Sie konnten nicht anders, als schockiert zu starren. Die mittelmäßigen Praktizierenden spürten sogar, wie ihre Ohren pochten einige konnten es nicht aushalten und mussten schnell ihre Energie zirkulieren lassen, um sich zu schützen.

Während das Schwertkampfturnier hatte Shen Qiao zunächst nur am Rande zugeschaut. Jeder wusste, dass er ein außergewöhnlicher Kampfkünstler war, aber er sah durch und durch wie ein gutaussehender daoistischer Priester aus, kultiviert und elegant. Es schien nichts Furchtbares an ihm zu sein. Erst als er Yuan Xiuxiu gegenübertrat, wurde allen klar, was es heißt, ein Buch nicht nach seinem Einband zu beurteilen. Aber erst jetzt war das Publikum wirklich erschüttert.

Shen Qiaos Hieb war gebieterisch und wild, als er die Initiative ergriff und sich wie ein mächtiger Strom nach vorne wälzte. Shanhe Tongbei machte seinem Namen alle Ehre: Es rief tatsächlich das Bild von Bergen und Flüssen hervor, die alle gemeinsam trauerten.

Obwohl die Zuschauer erschrocken und ehrfürchtig waren, wusste Shen Qiao ganz genau, dass er mit dieser Aktion, bei der er neun Zehntel seiner vollen Kraft einsetzte, zwar eine Chance gegen Yi Pichen hatte, aber immer noch nicht gegen Hulugu ankam.

Es mag für die Zuschauer nicht klar sein, aber wenn sich Experten duellierten, genügte ein einziger Schlagabtausch, damit beide Parteien das Endergebnis verstanden.

Wenn man das Qi einer Person beurteilt, kann man anhand der Atmosphäre, die sie umgibt, feststellen, wie tief ihre innere Energie ist. Vielleicht hatte Shen Qiao auch nach der Kultivierung des wahren Qi der Zhuyang Strategie und der Wiederherstellung seiner Grundlagen keine rasanten Fortschritte gemacht, aber er befand sich immer noch auf einem ganz anderen Niveau als vorher. Mit genügend Zeit wäre er vielleicht in der Lage gewesen, es mit Hulugu aufzunehmen.

Hulugu war Shen Qiao jedoch um mehrere Jahrzehnte an Kampftraining voraus, und er war jemand, der mit Qi Fengge um die Vorherrschaft wetteifern konnte. Außerdem wusste Shen Qiao nicht, welche Möglichkeiten Hulugu in den letzten zwei Jahrzehnten gehabt hatte oder welche Ränge er erreicht hatte. Jetzt, da er die Abgeschiedenheit verlassen hatte und in die Jianghu zurückgekehrt war, konnte der Titel des weltbesten Kampfkünstlers nur ihm gehören. In der gesamten Jianghu schien es niemanden zu geben, der sein Gegner sein konnte selbst Yi Pichen wurde durch seine Hände besiegt. Wenn Shen Qiao gewinnen wollte, waren die Chancen dafür gering.

Aber nur weil die Chancen gering waren, bedeutete das nicht, dass er sich geschlagen geben und auf seine Gefangennahme warten würde.

Das Schlachtfeld konnte sich in einem Augenblick mehrfach verändern; wenn er sich an den kleinsten Rettungsanker klammern konnte, war er vielleicht in der Lage, dem Tod zu entkommen und die Niederlage in einen Sieg zu verwandeln. Shen Qiao räumte ein, dass zwischen Hulugu und ihm eine Lücke klaffte, aber diese Lücke war nicht groß genug, dass er sich mit dem Tod abfinden musste.

Sein Schwertqi war grenzenlos und strömte auf Hulugu zu wie Wellen, die gegen das Ufer schlugen. In einem Augenblick war es direkt vor ihm, und Duan Wenyang konnte es nicht aushalten und wich ein paar Schritte zurück. Hulugu blieb jedoch völlig regungslos, obwohl seine Augen nun einen Hauch von feierlicher Würde trugen, eine leichte Veränderung gegenüber ihrer früheren Lässigkeit.

Plötzlich hob Hulugu seine Ärmel und schlug sie nach unten, um das aufwallende, herrische Schwertqi zu unterdrücken. Dann erhob sich seine ganze Person scheinbar spontan in die Luft und flog auf Shen Qiao zu, während seine rechte Hand einen Handflächenschlag aussandte.

Es war ein gewöhnlicher Handflächenschlag, überhaupt nicht auffällig, aber Shen Qiao spürte, wie das Schwertqi aus seinem Schwung plötzlich in etwas einschlug, das einer unzerstörbaren Steinwand glich. Anstatt den Stein zu zertrümmern, prallte es von ihm ab und kehrte mit einem Vielfachen der Kraft seines eigenen wahren Qi zu Shen Qiao zurück.

Shen Qiao hatte damit gerechnet und zeigte sich daher nicht schockiert. Er nutzte das wahre Qi seines Gegners, um sich mehrere Meter in die Luft zu erheben, dann verschmolz er mit seinem Schwert und fegte direkt auf Hulugu zu.

Die Zuschauer konnten nicht erkennen, wo das Schwert endete und der Mann begann. Shen Qiaos Geschwindigkeit übertraf die eines fliegenden Pfeils bei Weitem und glich eher einem tosenden Sturm. Doch seine Gestalt war leicht und wendig, mit einem Schwung, der nichts mit Donner gemein hatte, eher mit einer Rauchfahne oder einem Nebel. Sie wirkte völlig mühelos die herrlichste Musik war still, und die größten Phänomene waren formlos.

Duan Wenyang, der am Rande des Geschehens stand, sah alles ganz deutlich und konnte nicht umhin, sich zu wundern. Shen Qiaos Fortschritte waren sowohl schnell als auch beängstigend. Allein schon diese Bewegung war weitaus beeindruckender als alles, was Duan Wenyang tun konnte.

In Wahrheit waren Shen Qiaos Kampfkünste immer noch ein wenig schlechter als die, die er vor seiner Vergiftung besessen hatte. Nur weil er das wahre Qi der Zhuyang Strategie kultiviert hatte, schien er erstaunliche Fortschritte gemacht zu haben. Hätte Duan Wenyang Shen Qiao auf seiner früheren Stufe gesehen, wäre er jetzt nicht so überrascht gewesen.

Aber schließlich war Hulugu immer noch Hulugu. Diese Bewegung von Shen Qiao konnte ihm immer noch nichts anhaben. Der Mann trat leicht mit dem Fuß auf, und die dunklen Kacheln ringsum zersplitterten, dann brachen sie aus dem Boden, angezogen von dem wahren Qi um seinen Körper. Die Scherben verwandelten sich alle in scharfe Klingen und schossen direkt auf Shen Qiao zu.

Kacheln und Steine prallten auf das Schwertqi, zerfielen in noch feinere Splitter und flogen überall hin. Die beiden Ströme des wahren Qi vereinigten sich und explodierten mit einer noch stärkeren Kraft. Viele Menschen konnten weder ausweichen noch mit ihrem Qi rechtzeitig abwehren oder ihre Kampffähigkeiten waren einfach unzureichend, weswegen sie es gar nicht abwehren konnten. Verängstigt versuchten sie trotzdem auszuweichen, und einige schrien sogar vor Entsetzen. Trümmerteile zerkratzten Gesichter und Hälse, so dass Blut herunterlief ein erbärmlicher Anblick.

Was Duan Wenyang, Yi Pichen und die anderen betrifft, so fielen die Trümmer einfach zu Boden, als sie nur noch einen halben Meter von ihren Körpern entfernt waren. Sie blieben völlig unversehrt, aber sie runzelten unisono die Stirn.

Duan Wenyang runzelte die Stirn, denn er hatte ursprünglich gedacht, dass sein Shifu mit Shen Qiao leicht fertig werden würde. Immerhin hatte Yuan Zixiao den Mann noch niedriger eingestuft als Yi Pichen. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sein Meister ernst machen und sich nach einem Schlagabtausch nicht mehr zurückhalten würde.

Yi Pichen hatte das natürlich auch bemerkt und runzelte die Stirn. Aufgrund seiner eigenen Erfahrungen im Kampf gegen Hulugu wusste er, dass es Shen Qiao im Moment sehr schwer haben musste und, was noch wichtiger war, dass seine Chancen auf einen Sieg gering waren.

Innerhalb des Kampfkreises spürte Shen Qiao einen erdrückenden, gewaltigen Druck. Seine Schwertkunst hatte den Bereich des Schwertherzens erreicht, der es ihm erlaubte, von oben auf alles herabzusehen. Doch seine innere Energie war immer noch ein unveränderlicher Makel; sie konnte nicht einmal in einem Atemzug mit der eines Monsters wie Hulugu genannt werden.

Die Schneide seines Schwertes war blitzschnell, als es auf Hulugu niederschwang, aber umgeben von wahrem Qi, das die Ozeane umwälzen konnte, fühlte er sich, als würde er versuchen, stromaufwärts zu paddeln. Inmitten dieser Situation wurde es für Shen Qiao immer mühsamer, bis zu dem Punkt, an dem er keinen Zentimeter mehr vorankam.

Gleichzeitig strahlte Hulugus ganzer Körper mit grenzenloser Energie. Seine Roben bauschten sich auf, während sein wahres Qi in einem Strudel aus Schichten wirbelte. Er sprang in die Luft und schlug nach unten auf Shen Qiao ein. Wo immer der Wind aus seiner Handfläche hinkam, war er wie ein wildes, gefräßiges Tier und überwältigte Shen Qiaos Schwertqi und Schwertlicht, während er sie alle verschlang.

Die Sterne und das Firmament, die aufgewühlten Wolken und der Regen all das geschah in diesem Augenblick.

Shen Qiao schloss die Augen und setzte seine innere Energie bis zum Äußersten ein, während er seinen Geist von allen Ablenkungen befreite. Es gab nur noch einen Gedanken: Er musste Hulugu besiegen!

In diesem Kampf ging es nicht nur um ihn selbst, sondern auch um seinen Shizun Qi Fengge. Er konnte nicht zulassen, dass andere sagten, Qi Fengge sei blind gewesen und habe Schüler aufgenommen, die nicht in der Lage waren, sein Erbe anzutreten, und die sogar gegen seinen früheren Gegner verloren.

Shen Qiao kümmerte sich nicht um so etwas Eitles wie Ruhm, aber er konnte es sich nicht leisten, Qi Fengges Erbe zu ignorieren!

Ein scharfsinniger Geist versteht die wahre Natur der Dinge. Während das Herz, das den Sieg anstrebt, nicht zu eifrig sein darf, muss es, da es sich um einen Kampf handelt, einen Gewinner und einen Verlierer geben. Niemand auf dieser Welt strebt lieber eine Niederlage als einen Sieg an.

Selbst wenn jemand behauptete, dass er eine Niederlage anstrebte, war das nicht wirklich eine Niederlage, sondern er war so eingebildet, dass er glaubte, nur wenige könnten es mit ihm als Gegner aufnehmen.

Shen Qiao öffnete plötzlich die Augen, und sein Schwert war so schnell, dass es sich bereits in ein Nachbild verwandelt hatte.

Sein Blick war jedoch nicht auf das Schwert gerichtet, sondern auf den Mann vor ihm. Hu. Lu. Gu.

Sein Gegner hatte ebenfalls die Handflächen erhoben, um den Schlag zu empfangen. Das wahre Qi um ihre Körper fegte wie ein wilder Sturm über das große Meer. Himmel und Erde wühlten die Wellen in ihrer Wut auf, als wollten sie die gesamte Schöpfung in den dunklen Tiefen des Ozeans vernichten. Wie Feinde, die sich einer schmalen Straße trafen, war es eine unvermeidliche Begegnung, und der Sieger würde zum König gekrönt werden.

Shen Qiao spürte, wie eine gewaltige Kraft auf ihn zustürmte, so gewaltig, dass sie ihn verschlang. Sein Blut und sein Qi wühlten in seinem Herzen, als ob sie verzweifelt versuchten, seinem Körper zu entkommen. Als sich innere und äußere Energie kreuzten, fühlte sich sein Körper an, als würde er platt wie Papier zerdrückt werden, und seine Meridiane und Knochen schrien vor Schmerz.

Er war ein Mensch mit einer unglaublich hohen Schmerztoleranz. In der Vergangenheit hatte Shen Qiao die schweren Verletzungen durch den Sturz von der Klippe und die starken Schmerzen durch die Umformung seiner Meridiane ertragen. Und jetzt, obwohl Hulugus Handflächenhieb ihm entsetzliche Schmerzen bereitete, ertrug Shen Qiao ihn ohne einen Laut. Erst nachdem er mit seinem Schwert zugeschlagen hatte, zog er sich zurück und landete wieder auf dem Boden.

Doch nach langem Ausharren konnte er es nicht mehr unterdrücken. Er hustete einen riesigen Mund voll Blut, das auf seine Robe und den Boden spritzte.

Hulugus Gesicht blieb teilnahmslos. Er ging nur ein paar Schritte zurück, ohne Blut zu spucken.

Shen Qiao hatte seine ganze Kraft in diesen einen Schwerthieb gesteckt, und er wusste, dass er Hulugu endlich verletzt hatte. Natürlich waren die Verletzungen seines Gegners nicht so schwer wie seine eigenen, aber dennoch war er jetzt verwundet.

Zhao Chiying und Gu Hengbo hatten darauf gewartet, dass die beiden aufhörten, und jetzt, wo sie es endlich getan hatten, stürmten sie vor, um Shen Qiao zu unterstützen.

Yu Shengyan hatte vorgehabt, die Befehle seines Shifus auszuführen, aber aufgrund seiner eigenen Kampfkünste wusste er, dass er Hulugu nicht gewachsen war ihn vorschnell herauszufordern, hätte nur seinen Tod bedeutet. Während er den Kampf der beiden beobachtete, wurde er immer unruhiger. Jetzt sah er seine Chance gekommen und griff ein. „Ich habe schon lange von Hulugu von den Kök-Türken gehört. Wenn ich sehe, wie er nacheinander gegen zwei große Experten kämpft, sehe ich, dass sein Ruf wohlverdient ist."

Hulugu hatte ihn nie direkt angesehen, und auch jetzt warf er ihm nur einen Blick zu. Sein treuer Schüler Duan Wenyang trat vor und erklärte, wer Yu Shengyan war. Nachdem er zugehört hatte, sagte Hulugu: „Ich habe gehört, dass Yan Wushi in der Zentralebene lebt und als Experte gilt. Man sagt, dass seine Stärke nicht weit von der von Qi Fengge in der Vergangenheit entfernt ist."

„‘Nicht weit' ist eine Untertreibung", sagte Sang Jingxing mit einem Lächeln und goss absichtlich Öl ins Feuer. „Ich habe gehört, dass der Liuli-Palast gerade eine Rangliste für die gesamte Jianghu erstellt hat und dass Yan Wushi an zweiter Stelle steht!"

Hulugu schwieg einen Moment, dann fragte er: „Wer steht an erster Stelle?"

Sang Jingxing lächelte Yuan Zixiao an. „Das müsst Ihr die junge Meisterin Yuan vom Liuli-Palast fragen.“

Yuan Zixiao stand wieder einmal im Mittelpunkt des Interesses, aber ihr Gesicht blieb teilnahmslos, ohne eine Spur von Panik. Sie sagte zu Hulugu: „Ursprünglich wart nicht Ihr es, der den ersten Platz belegte."

„Ursprünglich?", fragte Hulugu.

„Selbst jetzt scheint Ihr noch eine Stufe unter Qi Fengge zu sein."

Hulugus Augen verengten sich leicht. Es war mehr als zwanzig Jahre her, aber die drei Schriftzeichen „Qi Fengge" waren nie aus seinem Herzen verschwunden, sie waren zu einem komplexen Knoten geworden, den er nie auflösen konnte. Leider war der Mann tot selbst wenn Hulugu gegen ihn kämpfen wollte, konnte er nicht mehr gefunden werden.

Duan Wenyang grinste. „Qi Fengge ist bereits tot. Ist der erste Platz in der Welt auch für die Toten zugänglich? Wenn das so ist, sollten dann nicht auch Tao Hongjing und Cui Youwang in die Rangliste aufgenommen werden?"

Yuan Zixiao nickte und sagte kühl: „Deshalb habe ich ja gesagt, dass Ihr es ursprünglich nicht wart. Da Qi Fengge tot ist, ist der erste Platz jetzt wahrscheinlich Eurer."

Sie hatte sogar ein "wahrscheinlich" am Ende hinzugefügt. Obwohl ihr Tonfall völlig flach war, reichte er aus, um jemanden vor Wut ins Grab zu schicken.

Aber Hulugu war nicht so tief gesunken, dass er sich mit einem kleinen Mädchen streiten würde. Duan Wenyangs Gesicht verfinsterte sich, und er sah aus, als wollte er etwas sagen. Aber Hulugu warf nur einen Blick auf Yuan Zixiaos Gesicht und wandte dann seinen Blick wieder Shen Qiao zu.

„Ihr seid wirklich sehr gut", sagte er.

„Qianbei ist zu freundlich", sagte Shen Qiao, „aber das war nur ein Glücksfall. Ihr habt gerade gegen Abt Yi gekämpft, also hatte dieser bescheidene Daoist in Wahrheit einen Vorteil."

Hulugu zeigte ein schwaches Lächeln. Seine Augen und Augenbrauen waren rasiermesserscharf, als wären sie mit einem Messer zurechtgeschnitten worden, und er sah schrecklich unnahbar aus, wenn er nicht lächelte. Aber in diesem Lächeln lag eine schwache Sanftheit, im Gegensatz zu seinen Worten, die noch kälter wurden: „Normalerweise würde ich es verschmähen, den Besiegten anzugreifen, und würde heute hier und jetzt aufhören. Aber Ihr habt Kunye getötet. Wenn ich Euch am Leben lasse, könnte sich mein Schüler einsam fühlen, tief unten in der Unterwelt. Ihr solltet gehen und ihm Gesellschaft leisten!"

Während er sprach, pirschte er sich langsam an Shen Qiao heran. Selbst ein normales Schlendertempo wäre schneller gewesen, doch er strahlte eine unsichtbare Kälte aus, die andere erzittern ließ.

Obwohl Zhao Chiying und Gu Hengbo Hulugu nicht gewachsen waren, dachten sie sich, dass es nicht allzu schwer sein würde, ihn aufzuhalten, gerade lange genug, um Shen Qiao eine Chance zur Flucht zu geben. Sie drehten sich zu Shen Qiao um und sagten leise: „Beeil dich und geh!"

Zugleich zogen sie ihre Schwerter.

Als dämonischer Praktizierender war Yu Shengyan nie ein selbstloser Held gewesen, der sich für andere opfern würde, aber Yan Wushis Worte klangen ihm noch in den Ohren. Er knirschte mit den Zähnen und rannte dann ebenfalls vor Shen Qiao her.

Li Qingyu, Su Qiao, Fan Yuanbai und Zhou Yexue kamen ebenfalls herbei und stellten sich vor Shen Qiao.

In diesem Moment konnte man das gute Karma sehen, das Shen Qiao angesammelt hatte.

Yi Pichen war schwer verletzt, aber er konnte nicht tatenlos zusehen, wie Hulugu Shen Qiao hier und jetzt tötete, sonst konnte das Chunyang-Kloster seine Stellung in der Jianghu vergessen. Sofort hob er sein Schwert und eilte mit strenger Stimme herbei. „Hören Sie sofort auf! Das Schwertkampfturnier ist nur ein Wettbewerb, kein Ort für Kampf und Rache!"

Aber warum sollte Hulugu ihn ernst nehmen? Ohne dass er etwas tun musste, waren Duan Wenyang und Sang Jingxing bereits vorgetreten, um Yi Pichen aufzuhalten. Die Schüler des Chunyang-Klosters eilten zur Hilfe, aber auch die Mitglieder der Hehuan-Sekte hielten sich nicht zurück. Die Szene versank augenblicklich im Chaos.

Einige der Mitglieder der anderen Sekten konnten es nicht lassen, zu helfen, während die anderen sich ratlos ansahen und nicht wussten, was sie tun sollten.

Als er daran dachte, wie Gu Hengbo sie vorhin beschützt hatte, ganz zu schweigen von seiner Bewunderung für ihre Schönheit, krempelte auch Wang-Sanlang die Ärmel hoch und lief hinüber, um zu helfen. Sein Bruder stampfte mit dem Fuß auf, konnte ihm aber letztendlich nur folgen.

Doch Hulugu hielt nicht inne. Er pirschte sich weiter an Shen Qiao heran, einen Schritt nach dem anderen. Seine Miene war gleichgültig und ruhig, ohne jede Regung. In seinen Augen waren diese Menschen nichts weiter als tote oder verwelkte Objekte, die seiner Aufmerksamkeit nicht würdig waren.

Shen Qiao sagte leise: „Ich danke ihnen allen für ihre aufrichtige Unterstützung, aber diese Angelegenheit ist eine Sache zwischen ihm und mir. Mischt Euch nicht ein."

Mit diesen Worten schob er die Menge mit einem leichten Windstoß aus seiner Handfläche zur Seite. „Shixiong!", rief Gu Hengbo ängstlich.

Hulugu hob bereits langsam seine Handfläche. Shen Qiao klammerte sich fest an den Schwertgriff in seiner Hand.

In diesem Moment ertönte ein höhnisches Geräusch in den Ohren aller. „Dieser Mann gehört zu meinem ehrwürdigen Selbst, und Ihr glaubt, Ihr könnt ihn nach Belieben töten?"

Erschrocken schrie Yu Shengyan: „Shizun!"

Sobald er dies gesagt hatte, kannten alle die Identität des Neuankömmlings. Aber sie sahen nur ein Phantom aus dem Nichts auftauchen, wie ein Unsterblicher, der vom Himmel herabsteigt, ungebunden und unbeherrscht, elegant und unbeschwert.

Er begegnete Hulugu jedoch nicht frontal, wie es alle erwartet hatten. Stattdessen packte er Shen Qiao an der Taille und sauste mit ihm einfach davon.

Er tat dies mit einer solchen Schnelligkeit, dass selbst Hulugu ihn nicht mehr rechtzeitig aufhalten konnte.

Alle waren verblüfft.




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6 Kommentare:

  1. Wow, das war mal ein Kampf... Shen Qiao entwickelt sich noch weiter, was seine Stärke angeht, aber er gibt sein Bestes gegen Hulugu und schafft es sogar, ihn zu verletzten. Dennoch weiß er, dass er gegen ihn keine Chance hat. Aber die Szene zum Schluss, als sich die anderen vor ihm schützend aufstellten war toll und dann kommt Yan Wushi ja endlich aus seiner Abgeschiedenheit und rettet sein Shen Qiao.

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    1. Für einen Sieg reicht es leider nicht, aber wenn man bedenkt wie schwach Shen Qiao vor ein paar Monaten - kurz nach seinem Sturz vom Banbu-Gipfel - war, ist dies eine noch unglaublichere Leistung.
      Shen Qiao hat durch seine Offenheit und ständige Hilfsbereitschaft die Herzen der Menschen erobert und jetzt kommt es ihm sogar zu Gute. Ich fand, dass schön, dass Shen Qiaos Werdegang in der Geschichte ihm jetzt so stark geholfen hat.
      Yan Wushi ist ja mit Absicht nicht auf dem Schwertkampfturnier erschienen, damit er Shen Qiao retten kann. Hätte er sich vorher offenbart, hätten alle ganz anders gehandelt und Shen Qiao Rettung wäre beinahe unmöglich geworden.

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  2. Das war knapp, zum Glück kam Yan Wushi noch rechtzeitig zu Hilfe. Aber der Kampf war sehr fesselnd und unser Shen Qiao hat sich Ordentlich gemacht, es war so schön zu lesen wie die anderen ihm zum Schluss zur Seite stehen wollten.

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    1. Ein Retter in letzter Sekunde bleibt besser im Gedächtnis als einer, der schon lange vor und kurz nach der Katastrophe kommt, bestimmt hatte dieser Umstand Einfluss auf Yan Wushi.
      Shen Qiao hat einfach viele Vertrauenspunkte bei den anderen gesammelt und darf sie jetzt endlich mal einlösen.

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  3. obwoll shen wusste das er nicht auf dem level ist von hulugu hat er in trozdem angegriffen und gehofft das er siegen wird. er hat alles gegeben was er hatte. er auch der andere wurde verletzt doch dem anderen sah man es nicht so. wegen seiner gutmütigkeit und und sanftheit wollten die anderen in beschützen doch er wollte sie nicht rein ziehen so das er sie weg schob .doch er wurde trozdem gerettet von jemand was wir gar nicht dachten das er es tut(hust). yan ist wie ein ritter erschienen und hat seinen shen mit genommen.

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    1. Shen Qiao stellt sich einfach einem Kampf und flieht nicht, wenn andere Leute darunter leiden könnten. Zum Glück kommt aber ein Yan Wushi und hilft Shen Qiao aus der Patsche.
      Ich fand es auch schön, dass Shen Qiao Unterstützung von den anderen gekriegt hat und dass er nach all der Zeit die Früchte seiner Taten ernten konnte.

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