Nachdem Shen Qiao ihn gedemütigt hatte, schickte Chen Gong zweimal Männer in das Kloster.
Beim ersten Mal waren sie höflich und behaupteten, sie
wollten Shen Qiao als Gast in die Residenz des Herzogs von Pengcheng einladen.
Sie weigerten, sich zu glauben, dass Shen Qiao nicht da war, und der Abt ließ
sie verärgert das gesamte Kloster durchsuchen, bevor sie es verließen.
Beim zweiten Mal waren sie nicht mehr so zuvorkommend. Sie
stürmten mit großer Arroganz herein. Chen Gong kannte Shen Qiao recht gut und
wusste, dass er es nicht mochte, andere Leute in seine Probleme hineinzuziehen,
also hatte er seinen Männern befohlen, den Abt und seine beiden Schüler
festzunehmen und wegzubringen. Auf diese Weise würde Shen Qiao auf jeden Fall
zu ihm kommen, wenn er hörte, was passiert war.
Aber der Abt hatte dies vorausgesehen. Er versteckte sich
mit seinen beiden Schülern im Keller und ließ die Männer von Chen Gong mit
leeren Händen zurückkehren. Sie vermuteten, dass die Priester in der
vergangenen Nacht verschwunden sein mussten. Da sie nicht weiter wussten,
konnten sie nur noch Bericht erstatten.
Chuyi war noch nie so ruhig gewesen wie Shiwu. Nach ein
paar Tagen im Keller wollte er schon wieder gehen. Der Ort war dunkel, die Luft
muffig – es war viel unangenehmer als ein Aufenthalt über der Erde. Da in der
Stadt gerade ein Jahrmarkt stattfand, flehte und bettelte Chuyi stundenlang an,
bis der Abt schließlich einlenkte und ihn zum Jahrmarkt gehen ließ. Der Abt
ermahnte ihn sogar, nicht zu früh zurückzukehren.
Doch das Schicksal ließ sich nicht abschütteln. Obwohl Chuyi
seine Ankunft im Kloster so leise wie möglich gehalten hatte, war der
Neuankömmling ein erfahrener Kampfkünstler - es war unmöglich, seiner
Aufmerksamkeit zu entgehen.
Als sie miteinander sprachen, verfinsterte sich Shen Qiaos
Miene.
„Wohnt Ihr hier, junger Priester?", fragte der
Neuankömmling.
„Wer seid Ihr?", fragte Chuyi.
In den Keller waren zwei Löcher gebohrt worden, damit die
Bewohner atmen konnten. Die Leute, die diesen Ort zuerst gebaut hatten, hatten
ihn sehr speziell gestaltet - obwohl die Leute drinnen Geräusche von draußen
hören konnten, war es für die Leute draußen sehr schwierig, den Keller zu
finden.
Als der Abt den Gesichtsausdruck von Shen Qiao sah, fragte
er: „Wer ist das?
Shen Qiao hielt sich den Mund zu und unterdrückte so seinen
Hustenreiz. Dann tauchte er seinen Finger in etwas Wasser und schrieb schnell
ein paar Worte auf den Tisch.
Xiao Se
Mitglied der Hehuan-Sekte, Schüler von Yuan
Xiuxiu
Ich wurde während eines Kampfes mit Sang
Jingxing verletzt.
Es stimmte zwar, dass Yuan Xiuxiu und Sang Jingxing
miteinander verfeindet waren, aber sie gehörten beide zur Hehuan-Sekte. Wie
auch immer, Xiao Ses plötzliche Ankunft konnte nichts Gutes bedeuten.
Shiwu war immer noch ein wenig verwirrt, aber der Abt
verstand. Sein Stirnrunzeln vertiefte sich, und seine Gesichtsfarbe nahm einen
blassen Grünstich an.
Als Shen Qiao zum ersten Mal hier übernachtete, hielt er
die drei für gewöhnliche taoistische Priester. Erst als der Abt seinen Puls
fühlte, wurde ihm klar, dass der Mann wahrscheinlich auch aus der Jianghu
stammte.
Aber die Identität des Abtes spielte keine Rolle mehr.
Wichtig war nur, dass Xiao Se im Kloster aufgetaucht war. Es war nicht möglich,
dass er mit guten Absichten dort war – höchstwahrscheinlich war er wegen Shen
Qiao gekommen.
„Mein Name ist Xiao Se", hörten sie ihn sagen. Seine
Stimme war sanft, eher wie ein Gast als jemand, der auf der Suche nach Ärger
war. „Junger Priester, habt Ihr jemals einen Mann namens Shen Qiao getroffen?"
„Nein, noch nie!"
Xiao Se lachte. „Junger Priester, Ihr könnt nicht einmal
lügen. Sagt mir, wo ist er?"
„Ich weiß es nicht!", sagte Chuyi laut. „Wer seid Ihr?!
Beeilt Euch und geht, oder mein Shifu wird Euch totschlagen, wenn er
zurückkommt!"
Xiao Se ließ sich nicht beirren. „Wenn Ihr es mir nicht
sagt, muss ich Euch zu Ältester Sang bringen", sagte er leise. „Er ist
heute in einer schrecklichen Stimmung – er hat bereits drei seiner Schönheiten
umgebracht. Und ich habe mir gerade Sorgen gemacht, dass er niemanden mehr hat,
an dem er seine Wut auslassen kann! Macht nicht so etwas Dummes für den kleinen
alten Shen Qiao!"
Im Keller kämpfte Shen Qiao darum, aus dem Bett zu kommen,
während der Abt ihn festhielt. Seine Kraft war so groß, dass Shen Qiao keine
Möglichkeit hatte, sich zu wehren.
„Hört mir zu!" Er senkte seine Stimme und presste
seinen Mund an Shen Qiaos Ohr, während er sprach: „Die Hehuan-Sekte schwelgt im
Gemetzel. Sie werden Chuyi nicht gehen lassen, nur weil Ihr Euch zeigt. Ihr
würdet nur zusammen in Schwierigkeiten geraten. Ihr bleibt hier und kümmert Euch
um Shiwu. Ich werde gehen!"
Shen Qiao wusste, dass der Abt recht hatte, aber er konnte
sich nicht vorstellen, sich in Sicherheit zu bringen, während jemand anderes
die Hauptlast dessen trug, was eigentlich seine Verantwortung gewesen wäre.
Er schüttelte den Kopf. Gerade als er sagen wollte, dass er
Chuyi um jeden Preis retten würde, bewegte sich der Abt blitzschnell und
schloss seine Akupunkturpunkte. Dann fischte er flink einen Gegenstand aus
seinem Revers und drückte ihn Shen Qiao in die Hand. „Wenn etwas passiert,
bring Shiwu zur Bixia-Sekte am Berg Tai. Sagt ihnen, dass ihr Taugenichts Zhu Lengquan
seinen eigenen Schüler angenommen hat, während er in der Welt unterwegs war. Shiwu
soll zu seiner Sekte und seinen Vorfahren zurückkehren."
Als der Abt geendet hatte, verschloss er auch Shiwus
Akupunkturpunkte. „Ich habe nicht zu fest gedrückt", sagte er zu den
beiden. „Sie werden sich in etwa einer Viertelstunde von selbst lösen. Ich habe
Shiwu Euch anvertraut, Shen-Gongzi. Denkt daran: Ihr seid jetzt für ihn
verantwortlich.“
Dann stand er auf und verließ den Keller, ohne sich noch
einmal umzudrehen.
Der Weg aus dem Keller führte in viele verschiedene
Richtungen. Um zu verhindern, dass Xiao Se den Eingang entdeckte, nahm der Abt
absichtlich den Weg zu einem anderen Raum und ging von dort aus nach draußen.
„Es ist mitten in der Nacht! Wer stört hier die Leute im
Schlaf?" Er streckte sich, als er hinausging, die Müdigkeit stand ihm ins
Gesicht geschrieben. „Wer seid Ihr? Warum klammert Ihr Euch an meinen Schüler?"
„Shifu!" Xiao Se hielt sich immer noch an Chuyis
Schulter fest. Als der Junge den Abt sah, liefen ihm fast die Tränen über das
Gesicht.
„Seid Ihr der Meister dieses Klosters?", fragte Xiao
Se.
„Das bin ich. Und wer genau seid Ihr?" Der Abt
runzelte die Stirn. „Wenn mein Schüler Euch beleidigt hat, möchte ich mich als
sein Meister entschuldigen. Bitte lasst ihn gehen."
Xiao Se ließ Chuyi nicht los. Sein Blick schweifte über das
Schwert in der Hand des Abtes und er lächelte. „Wo ist Shen Qiao?"
„Wer ist das? Ich habe noch nie von so einer Person gehört."
Xiao Se verengte seine Augen. „Wir sind beide intelligente
Männer. Sich zum Narren zu machen, wird Ihnen nichts nützen. Sagt, wenn ich Eurem
Schüler die Schulter zerquetsche, wird er dann vor Schmerz nachgeben und nach
dem Rufen, den Sie verstecken?"
Er verschärfte seinen Griff, woraufhin Chuyi aufheulte und
schrie. Der Junge begann, achtzehn Generationen von Xiao Ses Vorfahren mit
allerlei volkstümlichen Schimpfwörtern ‘seinen Respekt zu erweisen‘.
„Halt!" Der Abt zögerte nicht länger und zog sein
Schwert. Die Schneide zitterte leicht, als er sich auf den anderen Mann
stürzte.
Xiao Se hielt Chuyi fest, aber seine Bewegungen wurden
durch den Jungen in seinen Fängen nicht gebremst. Seine andere Handfläche
schlug aus, während er murmelte: „Das ist die Angelegenheit deines Shifu, aber du
hast die Verantwortung auf mich abgewälzt. Wenn du dich jetzt nicht einmischst,
musst du später selbst nach dem Verbleib von Shen Qiao fragen. Immerhin sieht
dieser junge Priester recht anständig aus – wenn ich ihn mitnehme, reicht das
für meinen Bericht an Shifu aus."
Von oben und von der Seite ertönte ein leises Lachen. „Xiao-Shixiong,
deine Shifu mag zwar die Sektenanführerin sein, aber ihr Einfluss in der Sekte
ist nicht einmal mit dem meines Shifus zu vergleichen! Ich sage, du solltest
einfach die Seite wechseln und dich mir anschließen!"
Xiao Se schnaubte, antwortete aber nicht.
Der Gesichtsausdruck des Abtes verschlechterte sich jedoch
drastisch.
Zwei weitere Personen erschienen vor ihm, begleitet von
Gelächter.
Eine von ihnen war weiß gekleidet und wirkte zart und
lieblich. Es war Bai Rong, der Shen Qiao schon oft begegnet war.
Die andere Person war zwar kahl geschoren, aber kein Mönch,
denn seine Kleidung war noch extravaganter als die des durchschnittlichen
reichen jungen Meisters. Es war eine furchtbar unpassende Kombination.
Aber der Abt wagte es nicht, wegen seiner seltsamen
Kleidung auf ihn herabzusehen, denn er wusste, wer diese Person war.
Es war ein weiteres problematisches Mitglied der Hehuan-Sekte,
Yan Shou.
Er hatte einen Spitznamen: ‘der Buddha mit der
blutgetränkten Hand‘. Obwohl er die würdevolle Erscheinung eines Buddhas besaß,
war sein Herz so wild wie das eines Dämons. Seine Hände waren durch und durch
blutverschmiert – niemand wusste, wie viele Leben durch sie beendet wurden.
Yan Shou war nicht so geistesgestört wie Huo Xijing, der es
liebte, tagein, tagaus Menschen die Haut abzuziehen, aber er hatte genauso
viele Leben genommen.
Jetzt war es offensichtlich: Shen Qiao hatte Sang Jingxing
schwer verletzt, und deshalb hasste er Shen Qiao bis aufs Blut. Natürlich
schickte er seine Schüler aus, um ihn zu suchen.
Wäre es nur Xiao Se gewesen, dachte der Abt, hätte er
vielleicht noch einen Rückzug erzwingen können, wenn er alles gegeben hätte.
Aber mit zwei weiteren war es jetzt einer gegen drei. Nun konnte er sich nicht
länger an diese Hoffnung klammern.
„Gebt uns Shen Qiao", sagte Yan Shou.
Obwohl er sich kaum bewegte, ging Chuyi innerhalb eines
Augenblick von Xiao Ses Händen zu Yan Shous Händen über. Chuyi wusste wenig
über Kampfkünste – eine leichte Folter reichte aus, um sein Gesicht mit Tränen
zu füllen, während er schrie: „Shifu, rette mich!" Aber egal, wie sehr er
jammerte, er sagte nicht, wo Shen Qiao und Shiwu waren.
Der Abt hatte das Gefühl, dass ihm das Herz zerrissen
wurde, und er schob alle Bedenken über seine mangelnde Kraft beiseite. Mit
einer Drehung seines Schwertes stieß er vor.
Aber nicht Yan Shou traf ihm entgegen, sondern Bai Rong.
Sie war mit einem unglaublichen Talent in den Kampfkünsten
gesegnet und ihre Fähigkeiten wuchsen jeden Tag sprunghaft an. Sie war jetzt
auf einem höheren Niveau als zu der Zeit, als Shen Qiao sie das letzte Mal
gesehen hatte: Ihre ‘Blauen Lotushandflächen‘ verwandelten sich in Hunderttausende
von Lotusblumen, die alle um den Abt herum erblühten. Als er eine nach der
anderen durchbohrte, blühten sie wieder auf, wuchsen und vermehrten sich
endlos, vielleicht unendlich.
Schweiß rann dem Abt die Stirn hinunter. Mit Bai Rong
konnte er noch alleine fertig werden, aber Yan Shou und Xiao Se standen im
Abseits, weshalb der Druck auf ihn immens war. Er wusste genau, dass, selbst
wenn er Bai Rong zurückschlagen konnte, die beiden anderen jederzeit angreifen
konnten.
Und wenn er sich jetzt zurückzog, konnte er vielleicht
unversehrt entkommen, aber Chuyi war in ihren Händen. Es war unmöglich, dass
der Abt ihn im Stich ließ.
Yan Shou sah diese Schwäche, und sein Griff um den Jungen
wurde fester. „Wo ist Shen Qiao?"
Chuyi stieß einen weiteren Schmerzensschrei aus.
Das Herz des Abtes zitterte, und seine Hand zitterte mit.
Bai Rong entdeckte eine Lücke und schlug ihm eine ihrer Handflächen in seine
Brust. Er spuckte Blut und stolperte drei Schritte zurück.
„Ich kenne keinen Shen Qiao! Wie unvernünftig könnt ihr
sein, uns gleich nach eurer Ankunft anzugreifen! Wir beide haben friedlich an
diesem heruntergekommenen Ort gelebt und haben nie jemanden beleidigt!"
Plötzlich lachte Xiao Se. „Ältester Yan, sieh dir seine
Bewegungen an. Sehen sie nicht aus wie die von der Bixia-Sekte des Berges Tai?"
„Hm", sagte Yan Shou. „Es gibt tatsächlich eine
gewisse Ähnlichkeit."
„Warum sollte jemand von der Bixia-Sekte des Berges Tai
hierher fliehen und seine Identität verbergen? Vielleicht ein Schüler, der ausgestoßen
wurde?"
Der Abt fasste einen Entschluss. Er biss die Zähne zusammen
und stieß ein kaltes Lachen aus. „Das ist richtig! Ich bin Zhu Lengquan von der
Bixia-Sekte! Die derzeitige Sektenanführerin Zhao ist mein Shizhi. Wenn ihr irgendwelche Beziehungen zur Bixia Sekte
habt, lasst mich und meinen Schüler bitte gehen. Ich werde der Sektenanführerin
sicher eines Tages bitten, unsere Dankbarkeit auszudrücken!"
Xiao Se brach in Gelächter aus. „Es tut mir leid, aber wir
müssen Euch enttäuschen. Wir haben nichts mit der Bixia Sekte zu tun. Außerdem
werdet Ihr für das, was heute passiert ist, einen Groll hegen. Warum regeln wir
diese Angelegenheit also nicht ein wenig eindeutiger, um zukünftige Probleme zu
vermeiden?"
Gerade als er geendet hatte, schlug Yan Shou seine
Handfläche auf Chuyis Kopf.
Blut floss aus Chuyis Mund und Nase. Er hatte nicht einmal
Zeit, einen Laut von sich zu geben - er fiel einfach lautlos zu Boden.
„Chuyi!" Die Augen des Abtes weiteten sich, als der
Kummer sein Herz entzweiriss. Ohne nachzudenken, stürzte er sich mit seinem
Schwert auf Yan Shou.
Yan Shou bewegte sich nicht – Xiao Se schon.
Xiao Se breitete seinen Fächer aus, und die Klingen, die an
den Lamellen des Fächers befestigt waren, sprangen heraus und schimmerten in
einem kalten Licht, das ihn frösteln ließ. Mit einer Bewegung seines
Handgelenks flog der Fächer auf den Abt zu und umkreiste ihn, als hätte er
einen eigenen Willen.
Von herzzerreißendem Kummer ergriffen, stieg das Niveau des
Abtes im Schwertkampf in neue Höhen. Während seiner Zeit in der Bixia-Sekte
hatten alle geglaubt, er sei nur mittelmäßig begabt, und er hatte nichts getan,
um sie eines Besseren zu belehren. Stattdessen verbrachte er seine Tage damit,
herumzubummeln. Deshalb hatte er weder die letzten Züge der ‘Neunzehn Züge der
östlichen Berge‘ gemeistert, noch konnte er jemals seinen Meister und die
Ältesten zufriedenstellen.
Aber wenn die frühere Generation der Bixia-Sekte seinen
Schwertkampf jetzt sehen könnte, wären sie völlig erstaunt.
Das sah ganz und gar nicht nach jemandem mit mittelmäßiger
Begabung aus!
Sein Schwert blitzte unablässig, und die Klinge wogte in
einem gleißenden Licht. Bei diesem Anblick hätte Chuyi geschrien und gejubelt: „Shifu,
ich habe dich noch nie so majestätisch gesehen!"
Aber Chuyi war tot.
Er würde nie wieder sprechen, nie wieder jemanden
belästigen, nie wieder faulenzen und schlappmachen.
Die Augen des Abtes waren blutunterlaufen. Jeder Schwung
seiner Klinge strotzte vor eisiger, mörderischer Absicht.
Doch noch bevor sein leuchtendes Schwert die Klingen von
Xiao Ses Fächer durchbohren konnte, wurde es weggeschlagen.
Einen Moment der Unachtsamkeit später schnitten die Klingen
des Fächers eine lange Wunde in das Handgelenk des Abtes, und er lockerte
unwillkürlich seinen Griff.
Das Schwert fiel mit einem Klirren auf den Boden.
Als Xiao Se seine Hand zurückzog, stieß er seinen Ellbogen
in die Brust des anderen Mannes. Als der Abt nach hinten stolperte, packte Xiao
Se ihn an der Schulter und riss ihn wieder nach vorne. Im Nu hatte er drei
wichtige Akupunkturpunkte auf seiner Brust versiegelt, und der Abt sackte auf
die Knie, unfähig, sich zu bewegen.
„Ihr habt es bereits gesehen – das ist kein leerer Bluff.
Euer Schüler ist bereits tot. Ihr wollt ihm doch sicher nicht folgen, oder?"
Xiao Se lächelte strahlend. „Wie charismatisch ist Shen Qiao, dass Ihr bereit seid,
Euer Leben zu riskieren, um ihn zu verstecken?"
Der Abt spuckte ihm einen Mundvoll schaumiges Blut
entgegen. „Pah! Welcher Shen Qiao, ich sagte doch, dass ich ihn nicht kenne! Könnt
Ihr die menschliche Sprache nicht verstehen?"
Xiao Ses Lächeln verblasste. Er zog ein Taschentuch aus dem
Ärmel und wischte sich den blutigen Schaum aus dem Gesicht. Dann schnitt er
blitzschnell das linke Ohr des Abtes ab.
Da sein stummer Akupunkturpunkt getroffen wurde, konnte der
Abt nicht einmal schreien. Er konnte nur noch den Mund öffnen und Xiao Se
verzweifelt mit runden Augen anstarren.
Xiao Se ging in die Hocke, sodass ihre Blicke auf gleicher
Höhe waren. „Ihr habt bereits einen Vorgeschmack auf das bekommen, was die
Hehuan-Sekte zu tun bereit ist. Ist es Shen Qiao wirklich wert, sein Leben so
wegzuwerfen? Wenn Ihr uns sagt, wo er sich aufhält, lassen wir Euch am Leben.
Das wäre für uns alle von Vorteil."
Er wartete eine ganze Weile, bevor er den stummen
Akupunkturpunkt des Abtes öffnete.
Der Abt keuchte, sein Atem ging rasend schnell. Blut
tropfte noch immer von der Stelle, wo sein Ohr gewesen war. Er befand sich in
einem erbärmlichen Zustand, fast zu schrecklich, um ihn anzusehen.
„Ich habe bereits gesagt, dass ich keinen Shen Qiao kenne!"
„Xiao-Shixiong, warum verschwendest du deine Worte an ihn?"
, schaltete sich Bai Rong lächelnd ein. „Wenn er jemanden verstecken will, muss
er ihn innerhalb des Klosters verstecken. Warum durchsuchen wir nicht einfach
den Ort?"
Dann sagte sie zu Yan Shou: „Es ist nicht nötig, den
Ältesten Yan damit zu belästigen. Xiao-Shixiong und ich werden nachsehen."
Yan Shou sprach und bewegte sich nicht, sondern gab ihr
seine stillschweigende Zustimmung.
Bai Rong ging zuerst in den Raum, den der Abt vorhin
verlassen hatte. Nach einem Moment kam sie wieder heraus und sagte: „Ich habe
drinnen keine Mechanismen gesehen. Ich bin mir Ich bin sicher, dass sie ihn
nicht dort versteckt haben."
Xiao Se suchte mehrere andere Orte ab und fand auch dort
nichts.
Das Kloster war zwar baufällig und zerfallen, aber das
Einzige, was für es sprach, war seine schiere Größe. Es würde eine ganze Weile
dauern, jemanden zu finden, der sich in einem der vielen Verstecke versteckt
hatte, selbst wenn man bedenkt, dass die meisten alten Klöster mit versteckten
Fluchttunneln ausgestattet waren.
Yan Shou war es leid, Zeit zu verschwenden. „Ich gebe Euch
eine Viertelstunde", sagte er. „Sagt es uns bis dahin, oder Ihr sterbt."
Der Abt sagte nichts.
Eine Viertelstunde verging schnell. Bai Rong und Xiao Se
kehrten nacheinander zurück und sagten beide, sie hätten nichts gefunden.
Xiao Se warf Bai Rong einen fragenden Blick zu. „Bai-Shimei,
du hast ziemlich viele Stellen abgesucht. Hast du vielleicht etwas gesehen,
aber absichtlich gesagt, du hättest nichts gesehen? Ich erinnere mich, dass du
eine gute Beziehung zu Shen Qiao hast."
Bai Rong wurde nicht wütend - sie lachte sogar. „Was für
eine seltsame Aussage von Xiao-Shixiong! Was für eine Beziehung könnte ich
überhaupt mit Shen Qiao haben? Wenn ein Kampf eine Beziehung ist, dann hat
Xiao-Shixiong doch auch eine Beziehung zu Shen Qiao, oder?"
„Du ..."
Yan Shou runzelte die Stirn. „Genug!"
Er wandte sich an den Abt. „Werdet Ihr reden?"
Der Abt lachte kalt und höhnisch. „Ihr verrückten Bestien. Ich
weiß nicht, wer Shen Qiao ist und wo er sich aufhält, aber selbst wenn ich es
wüsste, würde ich es euch auch nicht sagen! nur weil ihr meinen Schüler
ermordet und mich so behandelt habt! Nicht nachdem ihr meinen Schüler getötet
und mir, dass angetan habt! Ihr denkt, ihr könnt tun, und lassen was ihr wollt,
nur weil ihr stärker seid ... Pah! Tötet mich, wenn ihr könnt! Eines Tages werdet
ihr eure Vergeltung bekom ..."
Yan Shou schlug ihm eine Handfläche auf den Kopf, bevor er
das Wort beenden konnte.
Der Schädel des Abtes spaltete sich, und frisches Blut
floss an ihm herunter. Es floss an seinen glühenden Augen vorbei, die immer
noch auf Yan Shou gerichtet waren, und tropfte schließlich in seinen Kragen.
Selbst im Tod waren seine Augen noch weit geöffnet.
Nur wenige Zentimeter lagen zwischen den Körpern des
Meisters und des Schülers, aber sie konnten sich nicht aneinander nähern.
Yan Shou schenkte dem Leichnam keinen zweiten Blick. Er
wandte sich an Bai Rong. „Hast du wirklich nichts gefunden?"
Bai Rong war von seinem durchdringenden Blick völlig
unbeeindruckt. „Ich habe wirklich nichts gefunden!", sagte sie und
lächelte immer noch fröhlich. „Wenn ihr mir nicht glaubt, können Ältester Yan
und Xiao-Shixiong noch einmal nachsehen? Vielleicht habe ich ja etwas
übersehen!"
Unten im Keller hatten sich die Akupunkturpunkte von Shen
Qiao und Shiwu gelöst. Shiwu zitterte am ganzen Körper, Tränen liefen ihm über
das Gesicht.
Shen Qiao hielt seine Hand fest auf den Mund des Jungen
gepresst und verhinderte so, dass er auch nur einen Laut von sich gab. Obwohl
auch ihm die Tränen kamen, zerrte er den Jungen mit aller Kraft nach hinten.
Shiwu hatte sich anfangs wie verrückt gewehrt. Er hatte
gekämpft und gekämpft, bis der Abt getötet wurde. Dann, als hätte er den
letzten Rest seiner Kraft verloren, hörte er auf, sich zu wehren, und ließ sich
von Shen Qiao wegziehen.
Die beiden stolperten und strauchelten, als sie den dunklen
Tunnel hinuntergingen. Shen Qiaos schwere Verletzungen waren noch nicht
verheilt, und seine Meridiane waren noch nicht vollständig wiederhergestellt. Shiwu
war kaum leichter als Shen Qiao – das Ziehen an ihm ließ jeden Knochen in Shen
Qiaos Körper vor Schmerz bersten. Es war, als ob Eisenketten an seinem Fleisch
zerrten. Jeder mühsame Schritt kostete ihn alles, was er hatte.
Er wusste nicht, wie lange sie gelaufen waren. Vielleicht
war es gar nicht so lange, aber Shen Qiao hatte das Gefühl, dass die Hälfte
seines Lebens vergangen war.
Mit zitternder Hand stieß er die versiegelte Steintür auf -
wer weiß, wann diese Tür zuletzt benutzt worden war. Er zog Shiwu heraus und
tastete dann nach einem versteckten Riegel im Gras. Den Anweisungen des Abtes
folgend, schloss er die Tür von außen.
Selbst wenn Yan Shou und die anderen den Geheimgang fanden
und sie bis hierher verfolgten, würden sie die Steintür nicht öffnen können.
Der Geheimgang verband sie mit der anderen Seite des
Bailong-Berges und endete an dessen Fuß. Das verschaffte ihnen genug Zeit, um
ein anderes Versteck zu finden oder ohne große Eile zu fliehen.
Nachdem er die Tür gesichert hatte, ließ Shen Qiao Shiwu
los. Dann lehnte er sich an einen Felsen und brach in einen Hustenanfall aus.
Sein Körper fühlte sich an, als wäre er durch eine Folterkammer gegangen – er
hatte nicht einmal mehr die Kraft, aufzustehen. Erst nachdem er ein paar
Schlucke Blut aufgesaugt hatte, ließ die Beklemmung in seiner Brust ein wenig
nach.
Währenddessen war Shiwu immer noch tief in seinen Kummer
versunken. Er hatte sich zusammengerollt, drückte seine Knie an sich und
vergrub sein Gesicht darin, während Schluchzer seinen ganzen Körper
erschütterten.
Shen Qiao seufzte und streichelte ihm über den Kopf. „Es
tut mir leid. Wenn ich nicht gewesen wäre, hätten Zhu-Xiong und Chuyi nicht so
ein schreckliches Schicksal ereilt. Aber lass uns erst einmal von hier
weggehen, in Ordnung? Selbst wenn es um ihretwillen ist. Wenn wir in Sicherheit
sind, darfst du mich schlagen und töten, ganz wie du willst. Alles, was du willst."
Shiwu hob sein Gesicht, immer noch schluchzend. „Shifu und Chuyi
können nie wieder ins Leben zurückkehren, richtig?"
Shen Qiao standen die Tränen in den Augen, aber er biss die
Zähne zusammen und weigerte sich, sie fallen zu lassen. Sein Geist zitterte,
und ein weiterer Schwall salzig-süßen Blutes stieg in seiner Kehle auf.
„Ja, sie können nie wieder ins Leben zurückkehren. Aber ihr
größter Wunsch war, dass du weiterlebst. Wenn du zulässt, dass diese Leute dich
gefangen nehmen, wie kannst du ihnen dann gerecht werden?"
Shiwu gab keinen weiteren Laut von sich, sondern weinte
stumm weiter. Nach einer langen Weile stand er auf wackeligen Beinen. „Du hast recht!
Ich muss weiterleben – ich kann Shifu keine Sorgen machen ... Wohin gehen wir?"
Shen Qiao holte tief Luft und räusperte sich dann: „In den
Osten. Zur Bixia Sekte. Ich bringe dich zurück zu deiner Sekte und deinen
Vorfahren."
Er tastete nach dem Gegenstand, den der Abt ihm vorhin
zugeworfen hatte - eine kleine Holztafel. Auf der einen Seite waren die Worte ‘Bixia-Sekte‘
und auf der anderen ein einziges Zeichen ‘Zhu‘ eingemeißelt. Es musste der
Identitätsnachweis des Abtes für die Bixia Sekte sein.
Nachdem er die Tafel eine Weile sanft gestreichelt hatte,
reichte er sie Shiwu. „Dies ist etwas, das dir dein Shifu hinterlassen hat. Du
musst es sicher aufbewahren."
Lange Zeit betrachtete Shiwu sie nur mit einem
wertschätzenden Blick. Dann strich er noch ein paar Mal darüber und steckte sie
vorsichtig in sein Revers, als hätte er Angst, es zu verlieren, sobald er nicht
mehr aufpasst.
Shen Qiao nahm die Hand des Jungen und führte ihn fort. Die
beiden wateten durch das Gebüsch und setzten ihren Weg fort.
Shiwu konnte nicht umhin, einen Blick zurück in die
Richtung zu werfen, aus der sie gekommen waren.
Hinter ihnen lag die steinerne Tür unter Schichten von
dichter Vegetation verborgen. Sie war so gut versteckt, als hätte es sie nie
gegeben.
Erneut liefen Shiwu Tränen über die Wangen. Shen Qiao
drückte seine Hand ganz fest.
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Die Bixia-Sekte befand sich auf dem Berg Tai, und der Berg
Tai lag in der Komturei Dongping. Um dorthin zu gelangen, könnte man direkt
durch die Provinz Ji reisen, aber Shen Qiao befürchtete, dass die Hehuan-Sekte
erraten würde, wohin sie gingen, und so nahm er Shiwu mit in den Süden der
Provinz Liang. Es war ein langer Umweg, der die Länge ihrer Reise fast
verdoppelte.
Shiwu wurde still und zurückhaltend, er war nicht mehr der
schüchterne und freundliche Junge von früher. Er sprach nur noch selten, wenn
sie anderen Menschen begegneten. Shen Qiao wusste, was das Problem war, aber er
wusste auch, dass seine Ratschläge es nicht lösen konnten. Ihm blieb nichts
anderes übrig, als darauf zu warten, dass Shiwu das Problem selbst löste.
Der Abt hatte einige Kupfermünzen im Keller versteckt. Es
war zwar nicht viel, aber mit etwas Sparsamkeit würde es für die gesamte Reise
zur Komturei Dongping reichen.
Tagsüber eilten sie weiter und blieben nachts in den
Städten. Wenn keine Stadt in der Nähe war, taten sie ihr Bestes, um eine der
lebhafteren Städte zu finden. ‘Ein wahrer Einsiedler zieht sich in die Märkte
zurück‘, sagte ein Sprichwort – je mehr Menschen sich unter ihnen aufhielten,
desto unwahrscheinlicher war es, dass man sie fand.
Der Abend brach an, als sie in der westliche Provinz Yan ankamen.
Shen Qiao fand ein Gasthaus in der Stadt, in dem sie übernachten konnten. Es
gab nur ein Bett, das er Shiwu gab, während er selbst meditierte und sich
kultivierte.
Nachdem er seine Grundlagen mit der Zhuyang-Strategie
wiederhergestellt hatte, schien Shen Qiao eine ganz neue, völlig unbekannte
Welt zu betreten.
Eine Welt, die nur wenige Zentimeter Raum besaß, in der
aber jedes Detail klar leuchtete. Sein Herz war ruhig und friedlich, und die
schönen Geheimnisse der Natur traten zutage.
Wahres Qi strömte durch seine beschädigten Meridiane und
ließ ihn vor Schmerz zusammenzucken. Aber mit ihm kam die Regeneration – selbst
die vielen traumatischen Verletzungen, die er in der Vergangenheit erlitten
hatte, schienen langsam zu heilen.
Das war es, was an der Zhuyang-Strategie wirklich
tiefgreifend war.
Wo sein inneres Bewusstsein hinkam, trübte das Licht der
Morgendämmerung die Bäume, während der helle Mond hinter den Dächern versank.
Die Pflaumenblüten verbargen göttliche Geheimnisse, während sie heimlich zur
Blüte heranreiften.
Juque, Zhongting,
Huagai, Xuanji – einer
nach dem anderen wurden seine blockierten Akupunkturpunkte und geschädigten
Meridiane wieder frei gemacht. Auch die Beklemmung und der dumpfe Schmerz, die
lange Zeit in seiner Brust geherrscht hatten, verschwanden langsam, Stück für
Stück.
Shen Qiaos Augen waren fest geschlossen. Er war sich
durchaus bewusst, dass ein anderes Augenpaar heimlich in seine Richtung
blickte.
Eingewickelt in seine Decke lag Shiwu, der angeblich schon
vor einiger Zeit eingeschlafen war, regungslos da. Er tat so, als würde er
schlafen, aber seine Augen waren nur einen Spalt geöffnet.
So sah er, wie Shen Qiao, dem es eben noch gut gegangen
war, plötzlich einen Mund voll Blut ausspuckte. Er warf die Decke beiseite,
rollte sich aus dem Bett und stürzte zu Shen Qiao.
„Was ist los?", rief er. „Bist du in Ordnung?"
Shen Qiao öffnete seine Augen und schüttelte lächelnd den
Kopf. „Das ist abgestandenes Blut. Am besten ist es, wenn man es aushustet man."
Shiwus Augen glitzerten vor Tränen. „Du brauchst mich nicht
zu trösten! Ich weiß, dass du während unserer Reise keine Medizin gekauft hast,
nur um Geld zu sparen ... Deine Verletzungen waren so schlimm, als ich dich
gerettet habe, du warst fast am Rande des Todes!"
„Es stimmt, dass ich keine Medizin gekauft habe, um Geld zu
sparen, aber ich erhole mich schon langsam, indem ich meine innere Kultivierung
nutze. Es wird mir gut gehen, unabhängig davon, ob ich Medizin nehme."
„Wirklich?"
Shen Qiao streichelte seinen Kopf. „Wirklich. Ich habe
deinem Shifu versprochen, mich gut um dich zu kümmern. Also werde ich dich
nicht allein lassen."
Shiwu warf seine Arme um Shen Qiao und fing an zu weinen. „Ich
... ich habe dich nicht absichtlich ignoriert ... Ich war nur ... einfach zu
traurig!"
Shen Qiaos Augen prickelten vor Feuchtigkeit. „Ich weiß."
Er klopfte Shiwu sanft auf den Rücken. „Es tut mir leid."
Shiwu schüttelte den Kopf. „Bitte sag nicht, dass es dir leidtut.
Es war nicht deine Schuld."
Shen Qiao lächelte verbittert. „Wieso war es nicht meine
Schuld? Sie kamen, um mich zu töten, und ihr wurdet alle mit hineingezogen."
„Sie waren so brutal, es wäre genauso gekommen, wenn du
nicht da gewesen wärst. Solange sie dachten, Shifu würde dich verstecken,
würden sie ihn trotzdem töten. Shifu hat sich entschieden, dich zu retten,
genau wie ich mich entschieden habe, dich zu retten. Keiner von uns gibt dir
die Schuld dafür, also solltest du dir auch keine Vorwürfe machen. Verstehst du
das? Diejenigen, die bestraft werden sollten, sind die bösen Menschen, nicht
die guten Menschen."
Shen Qiaos Herz schmerzte und war betrübt. Zhu-Xiong, oh
Zhu-Xiong, dachte er bei sich. Dein Geist im Himmel kann sich sicher
ausruhen, wenn er Shiwu so reif und nachdenklich sieht.
„Möchtest du die Kampfkunst lernen?", fragte er Shiwu.
Shiwu nickte. „Ich möchte die Kampfkünste richtig lernen.
Auf diese Weise kann ich mich für Shifu und Chuyi rächen."
„Ich kann dir die Kampfkünste des Xuandu-Berges auf dem Weg
zur Bixia-Sekte beibringen. Wie wäre es damit?"
Shiwus Augen leuchteten. „Der Xuandu-Berg? Die Nummer eins
der taoistischen Sekten in der Welt? Dieser Xuandu-Berg?"
Shen Qiao nickte.
„Warst du ein Schüler des Xuandu Bergs, Shen-Langjun?"
„Ja", sagte Shen Qiao und lächelte. „Ich bin Shen
Qiao, ein persönlicher Schüler des Sektenanführers der sechsten Generation des
Xuandu-Berges, Qi Fengge."
Shiwu schnappte nach Luft. „Ich ... ich glaube, Shifu hat deinen
Namen schon einmal erwähnt! Du warst doch früher der Sektenanführer, oder?"
Shen Qiao streichelte den Kopf des Jungen noch etwas. „Ja.
Das ist eine lange und komplizierte Geschichte, deshalb werde ich sie dir jetzt
nicht erzählen. Aber ich kam nach Yecheng, um nach einigen Schülern des Xuandu
Berges zu suchen, die auf dem Weg nach Norden waren. Aber wer hätte gedacht ..."
Er hielt inne und fuhr dann fort: „Wer hätte gedacht, dass
ich Sang Jingxing treffen würde. Was danach geschah, weißt du ja bereits."
Shiwu sagte unbeholfen: „Aber Shifu hat uns einmal gesagt,
dass die Kampfkünste jeder Sekte streng gehütete Geheimnisse sind, die niemals
enthüllt werden dürfen. Man kann ihre Kampfkünste nur erlernen, wenn man ihrer
Sekte beitritt. Und ich habe Shifu bereits versprochen, der Bixia-Sekte
beizutreten, also ..."
Shen Qiao lächelte und sagte: „Ob Xuandu-Berg oder Bixia-Sekte,
Kampfkünste gibt es, damit die Menschen sie lernen. Wenn sowohl der Lehrer als
auch der Schüler sich wenig um die Unterschiede zwischen den Sekten scheren,
warum sollte man dann an solchen Regeln festhalten? Ich unterrichte dich nur in
der Kampfkunst. Du musst mich nicht als euren Meister ansehen."
Dann holte er Shanhe Tongbei heraus und entwirrte das eng
gewickelte schwarze Tuch, das es als Bambusstock tarnte. Schicht für Schicht
zog er die einzelnen Stoffstreifen ab.
„Shanhe ... Tongbei?" Neugierig las Shiwu die
eingravierten Schriftzeichen.
„Wenn das gemeine Volk leidet,
trauern die Berge und Flüsse vor Schmerz. Das Gras und die Bäume tragen Seelen
in sich, während das Universum unsterblich bleibt, weil es gefühllos ist."
Shen Qiao sprach langsam und ließ seine Finger über die
Scheide gleiten. Plötzlich umklammerte er den Griff und zog das Schwert schnell
heraus. Sein Handgelenk zuckte kaum, aber im Nu war der Raum von einem
strahlenden Licht erfüllt. Das Licht des Schwertes schien sich bis in jeden
Winkel zu erstrecken, seine mörderische Absicht beherrschte jeden Raum. Wie
Kraniche, die hoch oben rufen und aufsteigen, oder Wildgänse, die unten durch
die verschneiten Pässe ziehen.
Doch dann verging eine weitere Sekunde, und das Licht
verschwand und löste sich in nichts auf.
Der Raum war immer noch derselbe Raum, das Schwert war
immer noch dasselbe Schwert. Es war, als wäre die Vision nur eine Halluzination
von Shiwu gewesen.
Shiwu stand eine Weile wie erstarrt da und starrte vor sich
hin. Er sah völlig verblüfft aus.
Shen Qiao lächelte ihn an. „Geh und berühre diese Robe."
Er meinte damit seine eigene äußere Robe. Da sie auf dem
Weg hierher vom Regen durchnässt worden war, hatte er sie ausgezogen und an ein
Holzgestell in ihrem Zimmer gehängt.
In dem Moment, als Shiwus Finger die Robe berührten,
entfuhr ihm ein Laut der Überraschung.
Die Robe löste sich in winzige Flocken auf, die auf den
Boden fielen.
Bis auf die Robe blieb alles andere im Raum unberührt.
Shiwus Gesichtsausdruck veränderte sich von entgeistert zu
völlig verblüfft. „Was denkst du?"
„U... Unglaublich ..."
Ein Lachen stotterte von Shen Qiao. „Ich habe gefragt, ob
du willst, dass ich dich in den Kampfkünsten unterrichte!"
Shiwu nickte krampfhaft. „Gelobt sei Shen-Shi, bitte nimm Shiwus Respekt an!"
Erklärungen:
Juque ist ein Akupunkturpunkt der
sich ziemlich in der Mitte des Rückens auf der Wirbelsäule befindet und liegt
auf dem Meridian Ren Mai. Er soll bei Brustbeklemmungsgefühl, Durchblutungsstörung an den Füssen, Fettleibigkeit, flacher Atmung, Spannungen in den Rippen, Verspannungen der Wirbelsäule und Zahnschmerzen helfen.
Zhongting befindet
sich nur wenige Zentimeter über Juque und liegt ebenfalls auf dem Meridian Ren
Mai. Er soll bei Darmverkrampfungen und Schmerzen im
Brustkorb helfen.
Huagai befindet
sich in der Mitte der Brust und liegt auf dem Meridian Ren Mai. Er soll beim häufigen Seufzen, Leberbeschwerden und Traurigkeit helfen.
Xuanji befindet zwischen den zwei Schlüsselbeinen und liegt
sich auf dem Meridian Ren Mai. Er soll bei Spannungsgefühl in der Brust und Schmerzen.
Wenn das gemeine Volk leidet, trauern die Berge
und Flüsse vor Schmerz. Das Gras und die Bäume tragen Seelen in sich, während
das Universum unsterblich bleibt, weil es gefühllos ist: Da Shanhe Tongbei so viel bedeutet wie ‘Berge
und Flüsse trauern gemeinsam‘, liegt die Vermutung nahe, dass dieses Gedicht
der Namensgeber für das Schwert von Shen Qiao ist.
Shi, 师, bedeutet ‘Meister‘. Da Shiwu Shen Qiao nicht offiziell als seinen Meister akzeptiert hat, benutzt er dies als Nachsilbe, um seinen Respekt zu zeigen.
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q-q der arme abt und Chiyu solch ein ende haben sie nicht verdient. Die ticken doch nicht mehr sauber >o< Ein Ordentliche abreibung habt ihr verdient, aber so was von.
AntwortenLöschenFind ich toll das Shen Qiao Shiwu die Kampfkunst zeigen will. hoffentlich kommen sie ohne zwischen fälle an.
Ich hoffe da beobachtet Shen Qiao wirklich niemand wäre echt unheimlich würde mich aber auch nicht wundern.
Naja, das sind halt die Mitglieder der dämonischen Sekten einfach, skrupellos. Was Yan Wushi getan hat, war auch nichts anderes als skrupellos zu sein. Immerhin heißen sie deswegen auch dämonische Praktizierende, da steckt das Wort im Namen ja schon drin.
LöschenAber endlich kriegt Shen Qiao mal für seine Gutherzigkeit und seinen Sanftmut etwas zurück, auch wenn dieser Preis zu hoch ist... schnief.
Ob die Verursacher eine ordentliche Abreibung bekommen, darf ich nicht verraten, aber eins kann ich dir versichern, dass Shen Qiao diese Aktion nicht auf sich beruhen lassen wird.
Oh man, Shen Qiaos Schmerztoleranz steigt, aber auch gefühlt mit jedem neuen Rückschlag neu an.
Nein, bei dieser Sache beobachtet sie niemand heimlich, und ihre Reise wird auch ohne Probleme verlaufen. Um ehrlich zu sein, kommen die beiden im nächsten Kapitel schon bei der Bixia-Sekte an. Kommt es mir nur so vor, oder ist es tatsächlich so, dass wenn Shen Qiao mit Yan Wushi reist, die Reise öfters teilweise beschrieben wird,. Währenddessen, wenn er mit anderen reist, die Reise nur auf ein paar Absätze reduziert wird. Voran mag das wohl liegen, hmm? XD
46 schade das er es nicht geschafft hat den einen mit zu reissen aber es tut schon weh zu hören das er seinen kern zerstört hat wegen dem bösen kern den yan in eingepflanzt hat. shiwu hat in also gefunden aber jetzt ist alles zerstört doch sein gift ist jetzt auch weg. das was shiwu erzählt das er seine mutter und dann auch noch seine geschwister verloren hat und sein vater ist der hauptgrund. aber ich freue mich das er so einen netten meister gefunden hat auch wenn der ein wenig spitzfindig ist. das ist wie ein wunder das shen immer besser geht und gesünder wird. die zwei bücher arbeiten jetzt gut was sie am anfang nicht taten. soll das bedeuten das er nur durch die zerstörung seines kernes jetzt die macht entfesseln kann. oh weh wie es scheint kommt da was schlimmes auf sie zu. 47 oh nein ausgerechnet der muss kommen mdas kann auch gar nichts gutes bedeuten. ich finde den kleinen tapfer das er sagte das er in nicht kennt obwoll dieser in schon durchschaut hat irgendwie. aber der abt ist auch eine wucht er verhindert das shen sich stellen kann und übergibt in sogar seinen lehrling im das er in dann wo hin bringen soll. man kann sagen er tut das für einen fremden. sehr nobel der mann. aber leider hat er es auch nicht geschafft und sie konnten in nicht finden. shen ist mit den kleinen verschwunden. also wenn er immer so viel schmerzen ertragen muss sollte er schon eine hohe toleranz haben. wau will auch sowas können. schade das ich in nicht fragen kann ob er mir auch das bei bringt die kampfkünste. bin froh das er sich entschieden hat aus seiner trauer wieder raus zu kommen. freu mich wenns weiter geht.
AntwortenLöschenKapitel 46:
LöschenJa, das Shen Qiao Sang Jingxing nicht töten konnte ist doof. Aber ich denke irgendwann wird er seine Chance kriegen ihn zu erledigen, jedenfalls hoffe ich das. Das Shen Qiao Freudige Wiedervereinigung losgeworden ist hat mich ungemein gefreut, jetzt steht seinem Weg zur Wiederherstellung und Verbesserun der Kampfkünste nichts im Weg. Und seine Augen werden, dann hoffentlich auch normal sehen können.
Shiwu hat so jungen Jahren schon so viel verloren und wenn man bedenkt wie genau er seine Mutter verloren hat ist das echt widerwärtig von seinem Vater.
Shiwus Meister hat das Herz am rechten Fleck auf wenn es manchmal schwer ist zu entdecken, so kann man doch immer seine gute Seele erkennen.
Mal sehen ob Shen Qiao irgendwann es schafft die ganze Zuyang-Strategie zu lesen. Ist doch irgendwie ein Muss, oder? XD
Kapitel 47:
Ein Unglück kommt selten allein, leider kommt es hier im Dreierpack um unseren armen Shen Qiao abzuholen. Doch zum Glück stellt sich ihnen der Abt in den Weg. Leider müssen er und Chuyi den Preis für Shen Qiaos Flucht zahlen.
Irgendwie ist das ungewohnt, dass jemand anderes alles für Shen Qiao opfert anstatt umgekehrt. Und da sieht man mal wieder Shen Qiaos guten Charakter, dass er dies gar nicht will.
Shen Qiaos Schmerztoleranz wird mal wieder extremst auf die Probe gestellt.. seufz.
Dieses Kapitel ist so traurig. Der Abt und Chuyi hätten etwas Besseres verdient. Ich bewundere den Abt wirklich dafür, dass er bis zum Schluss gekämpft und Shen Qiao nie aufgegeben hat, selbst als er und sein Schüler so brutal getötet wurden. Danke für das Kapitel!
AntwortenLöschenNess
Ja, dieses ist ein weiteres trauriges Kapitel in Shen Qiaos Leben.
LöschenDer Abt hat so ein Ende nicht verdient, dass er den brutalen Tod seines kleinen Schüler mit anschauen musste ist auch nicht besonders einfach gewesen.
Vielen Dank für deinen Kommentar und deine Gedanken zu dem Kapitel.