„Kahlköpfiger, alter Esel", spottete Yan Wushi. „Ihr wurdet als einer der drei besten Kampfkünstler der Welt gepriesen und doch Ihr müsst Duan Wenyang anheuern, um mich zu töten? Schämt Ihr Euch denn gar nicht?"
Der Gesichtsausdruck des buddhistischen Meisters Xueting
blieb gleichgültig. „Solange Sektenanführer Yan heute stirbt, ist mein Ruf von
geringer Bedeutung. Ihr seid zu oberflächlich, Sektenanführer Yan."
Yan Wushi brach in Gelächter aus. „Wenn Ihr einen Helfer
von den Kök-Türken braucht, warum habt Ihr dann nicht einfach den Geist von
Hulugu herbeigerufen? Was kann ein trauriger kleiner Duan Wenyang meinem ehrwürdigen
Ich antun?"
„Sektenanführer Yan sollte wirklich nicht zu sehr prahlen",
warnte Duan Wenyang ihn. „Wenn Ihr hier heute Euer Leben verliert, werdet sonst
selbst Ihr in der Unterwelt kein Gesicht mehr haben."
Das Sprechen beeinträchtigte nicht im Geringsten seine
Angriffe. Im Handumdrehen verdunkelten die Umrisse seiner Peitsche bereits den
Himmel und versperrten Yan Wushi alle Fluchtwege von oben.
Duan Wenyangs erste Peitsche war bei seinen Kämpfen gegen
Li Qingyu und Shen Qiao längst zerstört worden. Die Peitsche, die er jetzt in
der Hand hielt, war eine Neuanfertigung mit dem Namen Shizhang
Ruanhong. Für die Herstellung dieser Peitsche war nicht weniger Zeit
aufgewendet worden als für die erste, und vielleicht war sie sogar noch
haltbarer. Mit einer leichten Bewegung des Handgelenks von Duan Wenyang
veränderte sich die Form der Peitsche und ließ Tausende von Luftspiegelungen
entstehen, die das Auge blenden und die Zuschauer verwirren konnten.
Es war offensichtlich: Seine Kraft war seit den Duellen mit
Li Qingyu und Shen Qiao in der Su-Residenz immens gewachsen.
Egal, wer es war, solange er nicht mittelmäßig war, gab
sich niemand damit zufrieden, gewöhnlich zu sein; er strebte danach, sich
ständig zu verbessern. Das mochte für einen selbst gelten, aber es galt auch
für seine Feinde.
Duan Wenyangs Peitschentechniken waren von der unheimlichen
und unberechenbaren Sorte, und die Säbeltechniken der westlichen Regionen waren
ebenfalls eingewoben. Diese beiden Techniken kombinierten sich zu einem
wütenden Sandsturm: grenzenlos und unendlich, der den Gegner von vorne
verschlang und ihn in seiner Verzweiflung erstickte, bis er jeden Kampfeswillen
verlor.
Doch sein Gegner war Yan Wushi.
Yan Wushi war unbewaffnet. Doch seine Finger wurden vor den
beiden großen Kampfkünstlern dieser Generation zu einem Schwert, und unter dem
Befehl seines wahren Qi verwandelten sich die Blütenblätter und Blätter, die um
sie herumflatterten, in Tausende von messerscharfen Klingen, die jeden
einzelnen von Duan Wenyangs Angriffen zunichtemachten.
Der buddhistische Meister Xueting war ein Mann der wenig
Emotionen zeigte. Er wirkte sogar noch göttlicher als die Buddha-Statuen in den
Tempeln: frei von Freude oder Zorn und völlig ungerührt von der Außenwelt.
In diesem Moment, als er Duan Wenyang scheitern sah, zeigte
er sich weder überrascht noch wütend. Stattdessen drückte er seine Handflächen
gleichmäßig von sich weg. Als sich sein wahres Qi verdichtete, schienen diese
zehn Finger, die ohnehin schon außergewöhnlich blass waren, mit dem Glanz einer
farbigen Glasur zu glänzen. Auch Xuetings Gesicht schien sich mit dem leichten
Schimmer des Mondlichts zu färben, so schön wie eine Jadeschnitzerei.
Er benutzte insgesamt sechs "Acala-Siegel".
Zuvor hatte er mit drei von ihnen zugeschlagen, eines nach dem anderen, doch
sie waren bei Yan Wushi wirkungslos. Jetzt benutzte er die vierte und fünfte
Geste: "Unbeweglich wie ein Berg" und "Eine Blume pflücken, ein
stillschweigendes Lächeln".
Erstere war eine defensive Bewegung anstelle eines
Angriffs, die zweite konzentrierte sich darauf, Stärke mit Sanftheit zu
kontern. In seinen Händen wurden die komplizierten, sich ständig verändernden
Schläge außerordentlich schön und angenehm für das Auge, sodass man unbewusst
die Deckung fallen lassen konnte.
Als er das Siegel "Unbeweglich wie ein Berg"
ausstieß, ertönte in jedermanns Ohren ein brummendes Heulen, und der Verstand
wurde für einen Moment ausgeschaltet ‒ selbst die Peitsche in Duan Wenyangs
Händen blieb unbewusst für einen Augenblick stehen. Yan Wushi jedoch blieb
völlig unbeeindruckt und lachte sogar kalt auf. Er ignorierte Xuetings Mudra, dessen Pose wie das Pflücken einer Blume
aussah, als er sich ihm von hinten näherte, und griff wie zuvor nach Duan
Wenyangs Peitsche. Seine Hand durchdrang das dicht gewebte Netz der Nachbilder,
als wäre es nichts, und erwischte die Peitsche tatsächlich mit bloßen Händen.
Dann, mit einem Ruck und einer Drehung, drehte er sich um, lenkte die Kraft um
und lenkte jedes winzige Bisschen von Duan Wenyangs wahrem Qi auf den
buddhistischen Meister Xueting!
Xueting stieß sich mit einem Fußtritt vom Boden ab und sein
Körper trieb augenblicklich einige Meter zurück. Obwohl er zwei gegen einen
kämpfte, wich Yan Wushi nicht zurück, sondern jagte ihm hinterher, und als sie
sich gegenüberstanden, trafen ihre Handflächen aufeinander.
Eine starke Kraft gegen eine starke Kraft. Das wahre Qi
zweier Kampfkunst-Großmeister geriet in eine unausweichliche Konfrontation mit
verheerendem Ausgang: Einen Sekundenbruchteil später gab es eine dröhnende
Explosion, und um die beiden Kämpfer herum bildete sich ein Strudel, der die
gesamte Schöpfung verschlingen wollte. Duan Wenyang spürte nur, wie er von
vorne von einem gewaltigen Strudel erfasst wurde, und er war gezwungen, seine
Peitsche zurückzuziehen und fünf oder sechs Schritte zurückzutreten. Nur so
entkam er der schrecklichen Wucht.
Aber keine der beiden Personen im Inneren bewegte sich auch
nur einen Schritt. Die gefallenen Blätter unter ihren Füßen wurden von ihrem
wahren Qi in die Luft gezogen und tanzten im Wind.
Xueting starrte Yan Wushi ausdruckslos an, als plötzlich
eine mächtige Wahrheit in seinem Herzen aufstieg: Wenn er diesen Mann heute
nicht töten konnte, würde er wahrscheinlich nie wieder die Gelegenheit dazu
haben!
Als Großmeister hatte Xueting natürlich auch den Stolz
eines Großmeisters. Wenn es möglich wäre, würde er natürlich einen fairen und
ehrenhaften Zweikampf mit Yan Wushi vorziehen, aber auf ihm lastete eine
schwere Pflicht: die Erneuerung des Buddhismus.
Und Yan Wushi war sein größtes Hindernis; nur wenn Yan
Wushi weg war, konnte der Buddhismus in der Nördlichen Zhou-Dynastie wieder
seinen alten Stellenwert einnehmen. Diese Schlacht durfte er auf keinen Fall
verlieren!
Yan Wushi lächelte ihn plötzlich an. Es war ein
unerklärliches und unheimliches Lächeln, und Xueting konnte nicht anders, als
seine Stirn zu runzeln.
Im nächsten Moment drehte sich Yan Wushi um, anstatt ihn
weiter anzugreifen, und stürzte sich auf Duan Wenyang.
In diesem Moment hielt Duan Wenyang seine Shizhang Ruanhong
hoch über sich und ließ sie auf den Kopf von Yan Wushi herab.
Der Schwung der Peitsche war wie ein tausend Tonnen
schweres Gewicht, und von Duan Wenyangs wahrem Qi durchdrungen, wurde sie zu
einem Bogen aus weißem Licht.
Aber er hatte nicht damit gerechnet, dass Yan Wushi
plötzlich den buddhistischen Meister Xueting fallen lassen und stattdessen auf
ihn zu schlendern würde.
Und er schlenderte im wahrsten Sinne des Wortes. Seine
Schritte waren so ruhig und gemächlich, als ob er einen müßigen Spaziergang
machen würde. Aber innerhalb weniger Schritte hatte er sich bereits neben dem
buddhistischen Meister Xueting zu der Stelle, wo Duan Wenyang stand. Dann
streckte er die Hand aus und griff direkt nach dem weißen Bogen.
Es war eine bizarre Bewegung ‒ sie sah langsam aus, aber er
griff mit präziser Genauigkeit nach dem Körper der Peitsche. Und einfach so
wurde Shizhang Ruanhong von seiner Hand umklammert, während die Hand selbst
völlig unversehrt blieb.
Duan Wenyangs Gesichtsausdruck veränderte sich. Bevor er
reagieren konnte, krallten sich die Finger des anderen Mannes fest und die
Peitsche, die Duan Wenyang so mühsam erschaffen hatte, wurde in seinem Griff
zerschmettert!
„Hat Euch Euer Shifu nie
beigebracht, dass alle Waffen gegen einen wahren Experten nichts ausrichten
können?" Ein wildes Lächeln umspielte die Lippen von Yan Wushi. Während er
sprach, glitt seine Hand bereits an der zerstörten Peitsche hinunter zu Duan
Wenyangs Arm.
Diese Hand wäre in der Lage gewesen, einen normalen
Menschen zu packen, aber Duan Wenyang war kein gewöhnlicher Mensch. Er
verschwendete keine Zeit mit der Trauer um seine Peitsche ‒ in dem Moment, in
dem sie zerstört wurde, hatte er sie bereits losgelassen und schlug mit der
anderen Hand auf Yan Wushis Brust ein.
Zur gleichen Zeit war auch der Angriff des buddhistischen
Meisters Xueting gekommen:
Sein "Acala-Siegel" befand sich bereits in der
Mitte von Yan Wushis Rücken. Er hatte nach Duan Wenyang mit dem Angriff
begonnen, doch aus irgendeinem Grund war er noch schneller gewesen!
Yan Wushi bewegte seine Füße nicht, sondern sein Körper
löste sich direkt vor Duan Wenyang in Luft auf. Aber Duan Wenyang wusste, dass
dies nur ein Ablenkungsmanöver war ‒ es war unmöglich, dass eine Person in so
kurzer Zeit spurlos verschwinden konnte, und so verlangsamte er seinen Angriff
nicht im Geringsten.
Und doch verfehlte seine Handfläche das Ziel!
Wie konnte es ein Qinggong von solch unglaublicher
Geschwindigkeit geben?
Duan Wenyang war vollkommen verblüfft.
Auf der anderen Seite trafen die Handflächen von Yan Wushi
und Xueting ein zweites Mal aufeinander.
Die Kraft, die hinter diesem Aufeinandertreffen steckte,
war noch stärker. Die Bäume in der Nähe erbebten unter der Kraft ihres wahren
Qi, und Risse schlängelten sich mit einer für das bloße Auge sichtbaren
Geschwindigkeit an ihren Stämmen empor.
Dieses Mal fielen sowohl Yan Wushi als auch der
buddhistische Meister Xueting drei Schritte zurück.
Ist dieser Mann ein Monster?, war
der Gedanke, der Duan Wenyang durch den Kopf schoss, als er Yan Wushis
Fähigkeiten aus erster Hand sah.
Er hatte sich immer damit gebrüstet, äußerst talentiert zu
sein, dass selbst sein Meister Hulugu im selben Alter nicht besser gewesen sein
konnte als er, aber nachdem er dem fast unmenschlichen Wesen namens Yan Wushi
begegnet war, hatte er ständig Rückschläge erlitten. Damals, als er von dem
erbärmlichen Bild hörte, das sein Shidi Kunye gemacht hatte, als Yan Wushi ihn
verfolgte, hatte er sogar über Kunyes Unfähigkeit gelacht. Aber wenn er sich
jetzt ansah, schien es ihm nicht viel besser zu gehen.
Und er arbeitete sogar mit einem hochkarätigen Großmeister
wie Xueting zusammen, einem der drei besten der Welt. Und trotzdem konnten sie
nicht einen einzigen Yan Wushi töten?
„Die Technik, die er gerade benutzt hat, war 'Körper zu
Schatten, Phase und Ersetzen'." Diese Stimme klang in Duan Wenyangs Ohren ‒
der Sprecher hatte die Worte direkt zu ihm geschickt, sodass nur er sie hören
konnte, aber es war keine unbekannte Stimme. „Wenn man sie endgültig
beherrscht, erscheint selbst eine den Horizont überspannende Entfernung nur
noch wie ein paar Meter. Er scheint Euch sehr nahe zu sein, aber in
Wirklichkeit hat er sich Euch überhaupt nicht genähert. Sein Augenmerk lag
immer auf dem Mönch Xueting dort drüben. Lasst Euch nicht von ihm verwirren."
Die Stimme hatte gerade geendet, als sich plötzlich ein
Schwert links von Yan Wushi materialisierte.
Und zusammen mit dem Schwert erklangen ein paar sporadische
Töne von einer Zither.
Purpurne Schwertlichter fielen wie ein Leichentuch, das
Licht durchflutete alles und harmonierte perfekte mit dem Klang der Zither. Mit
den Tönen der Zither als Medium durchbrach der Musizierende die dichte
Panzerung aus wahrem Qi, die Yan Wushi aufgebaut hatte, und nutzte dabei aus,
dass Yan Wushi sich auf den Kampf gegen Xueting konzentrierte. Dieser Angriff
stammte aus demselben Zweig der dämonischen Künste wie der von Yan Wushi, und
dank dieser Gemeinsamkeit fand er eine winzige Lücke in seiner Verteidigung.
In dem Moment, in dem dieser Riss sichtbar wurde, kamen die
durchdringenden Schwertlichter und zielten direkt auf Yan Wushi!
„Die Fenglin-Schriften haben eine Schwachstelle. Je
stärker man wird, desto verheerender wird dieser Makel. Yan Wushi hat die
neunte Stufe erreicht, und wegen dieses Fehlers ist er nicht in der Lage,
weiter voranzukommen und die höchste Stufe der wahren Vollkommenheit zu erreichen.
Wenn wir ihn töten wollen, ist jetzt der richtige Zeitpunkt dafür!"
Es war Guang Lingsans Stimme, hell und klar, aber seine
eigentliche Person war nirgends zu finden. Vielleicht war er schon vor langer
Zeit gekommen und hatte sich die ganze Zeit über versteckt gehalten, um auf den
richtigen Moment zu warten, in dem er die verwirrende Wirkung seiner Zither
maximieren konnte.
Von allen Anwesenden konnte nur ein weiterer Anhänger der
dämonischen Disziplin und der Anführer der Fajing-Sekte am ehesten etwas über
Yan Wushis Kampfkünste sagen.
In der Tat schossen die violetten Schwertlichter mit
unaufhaltsamer Wucht hervor und durchbohrten Yan Wushis Kleidung. Sein Rücken
färbte sich augenblicklich blutrot.
Yan Wushi stieß schnaubend ein Lachen aus. „Was für ein
Haufen Abschaum! Mein Ehrwürdiges Ich hat kein Interesse mehr daran, mit euch
zu spielen!"
Damit drehte er sich um und führte einen Schlag gegen Yu
Ais Junzi Buqi aus. Sein Schwertlicht schwankte ein wenig, aber er stürmte
weiter auf ihn zu.
Die Melodie der Zither veränderte sich plötzlich und
steigerte sich von ruhig zu leidenschaftlich!
Guang Lingsan schrie: „Die Schwachstelle in seinem
dämonischen Kern ist erschienen!"
Noch bevor er seine Worte beendet hatte, tauchte jemand in
der Nähe auf und feuerte einen schnellen Windstoß aus seiner Handfläche auf Yan
Wushi!
Währenddessen formten Xuetings Hände das letzte Siegel,
seine Hände drehten und wendeten sich: Dies war die letzte Form seines "Acala-Siegels",
der "blutroter Lotus der flammenden Vergeltung"!
Die Flammen der Vergeltung kamen in Form von blutroten
Lotusblumen hervor, so groß wie das Meer oder der Himmel, grenzenlos und
unendlich. Sie wogten wie wütende Fluten, loderten intensiv und verbrannten
alle Täuschungen der Welt.
Schließlich erschien ein kleiner Riss in Yan Wushis wahrem
Qi, das so dicht und perfekt aufgebaut war.
Die Flammen der Vergeltung leckten darin, Welle um Welle.
Sie zwangen den Riss, sich auszudehnen, und rissen ihn schließlich ganz auf,
stürzten sich auf seinen dämonischen Kern und rissen ihn mitsamt den Wurzeln
heraus!
Im nächsten Moment schlugen fünf schlanke, bleiche Finger
hart in Yan Wushis Brust ein.
Ein kleines Rinnsal von Blut sickerte aus seinem
Mundwinkel.
Doch damit wurde auch sein Gesichtsausdruck bösartig. Sein
Ärmel schlug in Richtung des buddhistischen Meisters Xueting und sandte einen
mächtigen Stoß innerer Energie aus, dem er ausweichen musste. Der buddhistische
Meister Xueting wich einen halben Schritt zurück.
Dieser halbe Schritt war genug. Yan Wushi drehte sich um
und packte die Klinge, die ihm in den Körper gestochen wurde, mit der bloßen
Hand und drehte sie dann kräftig. Und so wie er zuvor Duan Wenyangs Peitsche
zerschmettert hatte, zersplitterte Junzi Buqis Klinge tatsächlich in Stücke.
Dann krümmte er seine Finger und ging direkt auf Yu Ais Gesicht zu. Die beiden
tauschten innerhalb eines Augenblicks Dutzende von Schlägen aus, und genau in
diesem Moment holte Dou Yanshan mit einer weiteren Handfläche aus und schlug
sie direkt in eine ungeschützte Stelle in der Mitte von Yan Wushis Rücken.
Mit Erfolg!
Dou Yanshan hatte nicht gewagt, sich Hoffnungen zu machen,
und so war er erfreut über diese unerwartete Wendung der Ereignisse. Er hatte
seine ganze Kraft in diesen einen Schlag gesteckt, und Yan Wushi hatte ihn
direkt abbekommen ‒ es war unmöglich, dass er ihn unbeschadet überstand.
Mit diesen beiden Schlägen des buddhistischen Meisters
Xueting und von Dou Yanshan wurde der Druck auf Duan Wenyang und Yu Ai stark
verringert.
Obwohl Guang Lingsan sich überhaupt nicht gezeigt hatte,
war der Beitrag seiner Zithermusik nicht unbedeutend. Er war derjenige, der im
Duell mit Ruyan Kehui die Schwachstelle entdeckt hatte, die Yan Wushis
Qi-Abweichung hinterlassen hatte, und das machten sie sich zunutze, um sie an
der Wurzel zu packen.
Als er bemerkte, dass der buddhistische Meister Xueting
nicht nachsetzte, sondern nur daneben stand und zusah, blieb auch Dou Yanshan
stehen und fragte: „Warum hat der Große Meister aufgehört?"
„Obwohl Yan Wushi und ich auf verschiedenen Seiten stehen,
gibt es keinen persönlichen Groll zwischen uns. Wir hatten keine andere Wahl,
als diesen Hinterhalt zu führen, aber ein Gegner wie er verdient es, dass man
ihn mit Respekt behandelt. Er hat es nicht verdient, hier zu sterben, nicht auf
diese Weise."
Dou Yanshan grinste innerlich. Wenn du wirklich
tugendhaft wärst, warum solltest du dich dann an diesem Hinterhalt beteiligen?
Aber er sprach seine Gedanken nicht aus, sondern lächelte nur.
„Der große Meister ist wahrlich ein Mann von edlem
Charakter!"
Als ob er in seine Gedanken sehen könnte, sagte der
buddhistische Meister Xueting kühl: „Gildeanführer Dou sollte eines wissen:
Selbst wenn Yan Wushi stirbt, wird die Schriftrolle der Zhuyang-Strategie,
die er zerstört hat, nicht zurückkehren."
Dou Yanshan schmunzelte. „Yan Wushi allein hat die ganze
Welt in Aufruhr versetzt. Wenn er stirbt, werden alle in Frieden leben, und der
Buddhismus kann sich entfalten ‒ ich muss Ihnen gratulieren, Großer Meister!"
Während die beiden miteinander sprachen, wurde Yan Wushi
von einer weiteren Handfläche getroffen.
Er musste fliehen, aber da seine Schwäche offenbart wurde,
vernebelten die Noten der Zither nun seinen Geist. Zusammen mit den inneren
Verletzungen, die er sich durch die beiden Handflächeschläge zugezogen hatte,
und der Art und Weise, wie Yu Ai und Duan Wenyang ihre Angriffe fortsetzten,
war sein wahres Verteidigungsqi schließlich vollkommen zusammengebrochen. Dann
trafen ihn zwei weitere Schläge.
Natürlich erging es Yu Ai und Duan Wenyang auch nicht viel
besser: Yu Ais Schwert war zerbrochen, und der andere hatte drei Schläge in die
Brust abbekommen. Sein Gesicht war leichenblass, als er einige Schritte zurückstolperte
und schließlich zu Boden fiel. Duan Wenyangs Peitsche war zerstört worden, und
er erlitt innere Verletzungen. Mehrere seiner Rippen waren gebrochen, und er
spuckte viele Schlucke Blut aus.
Und doch hatte Yan Wushi unter diesen Umständen noch die
Kraft zu fliehen, und sein Körper wurde zu einem verschwommenen Nachbild.
Sowohl Dou Yanshans als auch Guang Lingsans Gesichter verzerrten sich vor
Schreck, aber es war bereits zu spät, um ihn aufzuhalten.
In diesem Moment verschwand Xueting von dort, wo er
gestanden hatte. Er setzte sein Qinggong bis zum Äußersten ein und blockte Yan
Wushi direkt ab. Die Kraft seines "Acala-Siegels" zwang Yan Wushi, sich
dem Angriff frontal entgegenzustellen, und damit verlor er seine letzte Chance
zu entkommen. Diesmal jedoch fiel Xueting mehr als fünf Schritte zurück, und
sein Gesicht wurde sofort knallrot und dann grässlich weiß ‒ er hatte sich
gezwungen, das Blut, das in seinem Mund sprudelte, hinunterzuschlucken.
Yan Wushi brach in Gelächter aus.
Doch dann verstummte das Lachen abrupt, und er spuckte
einen riesigen Schluck frisches Blut aus.
Dou Yanshan stürzte sich auf ihn und schlug mit der
Handfläche direkt auf den Baihui-Akupunkturpunkt auf dem Scheitel von Yan
Wushi!
Mit diesem Schlag stürzte Yan Wushi schließlich regungslos
zu Boden.
Der buddhistische Meister Xueting runzelte die Stirn, sagte
aber schließlich nichts mehr. Er beobachtete, wie Yan Wushi langsam die Augen
zufielen, und rezitierte dann leise einen der Namen Buddhas. Er legte die Hände
zusammen und verbeugte sich in Richtung des Gefallenen, dann drehte er sich
einfach um und ging ohne einen weiteren Blick.
Yu Ai und Duan Wenyang waren beide schwer verletzt. Da sie
sahen, dass Yan Wushi keine Überlebenschance hatte, verließen sie nacheinander den
Ort, um ihre Wunden zu behandeln.
Dou Yanshan ging in die Hocke, um die Leiche sorgfältig zu
untersuchen. Nachdem er festgestellt hatte, dass er nicht mehr atmete, lächelte
er schließlich und wandte sich an Guang Lingsan, der mit seiner Zither in der
Hand hinausging. „Herzlichen Glückwunsch, Sektenanführer Guang! Der Tag, an dem
Ihr die drei Sekten vereinigen werdet, steht vor der Tür."
„Vielen Dank für Eure freundlichen Worte, Gildeanführer
Dou. Seid ihr sicher, dass Yan Wushi tot ist?"
„Natürlich. Ich habe ihm mit diesem Schlag den Schädel
zertrümmert. Außerdem sind alle seine inneren Organe zerrissen und bluten durch
die Schläge von vorhin. Sein Leben ist zu Ende, er hat keine Chance zu
überleben."
Guang Lingsan lächelte. „Die dämonische Disziplin hat eine
Technik namens 'Vom Himmel oben zur Erde nach unten'", sagte er. „Kurz
bevor das Leben des Praktizierenden zu Ende geht, zerstört er seinen Körper und
begibt sich in einen Zustand des Scheintodes, während er sich eine kleine
Überlebenschance bewahrt. Das Problem ist nur, dass das Erlernen dieser Technik
furchtbar schmerzhaft ist und dass sie normalerweise nur von begrenztem Nutzen
ist. Daher versuchen nur wenige Menschen, sie zu erlernen."
„Macht sich Sektenanführer Guang Sorgen, dass Yan Wushi
diese Technik auch gelernt hat?", fragte Dou Yanshan.
„Da wir schon so weit gekommen sind, ist es besser, wenn
wir uns die Zeit nehmen, die Dinge gründlich zu überprüfen. Es kann nicht schaden,
sicher zu sein." Er ging auf Yan Wushi zu und griff nach seinem
Handgelenk.
Ein Schwert in der Scheide erschien, das der Länge nach auf
ihn gerichtet wurde.
Dieses Schwert war schlicht, fast schon grob: Es hatte
nichts Außergewöhnliches an sich, abgesehen von den vier Schriftzeichen, die
neben dem Griff eingraviert waren ‒ "Shanhe Tongbei".
Guang Lingsans Gesichtsausdruck flackerte. Er wusste nicht
einmal, wann die andere Partei aufgetaucht war.
„Er mag sich zu Lebzeiten überall Feinde gemacht haben,
deren Zahl unüberschaubar ist, aber er war dennoch ein Großmeister seiner
Generation", sagte dieser Neuankömmling. „Den Toten gebührt die größte
Ehrerbietung. Ist es nicht ziemlich unpassend, dies einem Gegner anzutun, der Euren
Respekt verdient?"
Dou Yanshan kniff die Augen zusammen und stieß den Namen
des Neuankömmlings Silbe für Silbe aus: „Shen! Qiao!"
Erklärungen:
Shizhang Ruanhong. 十丈软红. Wörtlich "Dreißig Yards sanftes
Rot". Hier bezieht sich das "Rot" auf die säkulare Welt. (Ein
Yard hat eine Länge von 91,44 cm.)
Acala ist eine Gottheit bzw.
„Mantrakönig“ (Vidyārāja) des Buddhismus. Er gilt als „Beschützer der Lehre“.
Sein Abbild findet man häufig vor Tempeln, um Feinde abzuwehren. Er wird als dreiäugige,
zähnefletschende Gestalt mit sechs Armen dargestellt und ist mit einem Schwert,
einem Vajra (Donnerkeil), einem Beil und einer Schlinge bewaffnet.
Die Mudra (Sanskrit, f., मुद्रा, mudrā,
urspr.: „Siegel“) ist eine symbolische Handgeste, die sowohl im alltäglichen Leben,
in der religiösen Praxis als auch im indischen Tanz ihre Anwendung findet.
Übersetzt aus dem Sanskrit bedeutet Mudra „das, was Freude bringt“. Mud heißt
Freude, aber auch Geste, um den Göttern zu gefallen. Ra bedeutet „das, was
gibt“.
Shifu ist die Bezeichnung für einen Lehrer/Meister der eigenen Sekte. Geschlechtsneutral. Meist austauschbar mit Shizun.
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Shen Qiao in Letzter sekunde O_O hau sie zu brei- danke
AntwortenLöschenaber heftig diese rKampf O_O dennoch UNFAIR 5 gegen 1 und die nennen sich meister ufff das ich nicht lache - Ihr 5 wisst aber schon was Karma bedeute oder?
Jetzt ist Shen Qiao mal der Retter in letzter Sekunde. XD
LöschenYan Wushi war das ja auch immer wieder bei Shen Qiao, nur konnte Shen Qiao nicht früher eingreifen wo hingegen Yan Wushi es nie wollte.
Aber wer kann in einem Kampf gegen Yan Wushi eins gegen eins gewinnen. Wahrscheinlich nur die verstorbenen Meister wie Qi Fengge, Hulugu oder der Typ der Yan Wushi vor Jahren fertig gemacht hat und ihn in die Abgeschiedenheit zwang.
Ich glaube auch das alle der fünf es irgendwann bitter bereuen werden Yan Wushi bekämpft zu haben und das mit so unfairen Mitteln.
Ja, Shen Qiao ist endlich gekommen und rette den Tag und seinen Mann.^^ Danke für das Kapitel.
AntwortenLöschenNess
Danke für deinen Kommentar.
LöschenShen Qiao wird aber noch ein bisschen mehr tun als ihn zu retten. ^^